Hinter beeindruckenden optischen Lösungen steht modernstes handwerkliches Know-how.

Auch das Handwerk muss sich den Umwälzungen – in Zeiten – in denen ganze Wertschöpfungsketten durch die Digitalisierung umgewälzt werden, stellen. Gerade in der Aus- und Weiterbildung gilt es zu reagieren. Wir führten daher mit Konrad Imbach, dem Präsidenten des Schweizerischen Plattenverbandes, ein Interview. 

Vor einigen Wochen fragte ich den CEO einer IT-Firma, welchen Beruf er seiner 16-jährigen Tochter empfehlen würde. Er antwortete Lehrerin oder Pfarrerin. Ich fragte ziemlich überrascht nach: nicht Software­entwicklerin, Fachkräfte werden doch händeringend gesucht? Er antworte Nein, einfache Programmierungen würden in zehn Jahren von KI übernommen. Was empfehlen Sie heute einer 17-Jährigen oder einem 17-Jährigen, wenn es um eine Berufsempfehlung geht?
Sie oder er sollte herausfinden, wo seine beziehungsweise ihre Neigungen liegen. Das ist auch heute eine wichtige Grundlage bei der Berufswahl. Demgegenüber sollten kurzfristige propagierte Trends eher liegen gelassen werden. Es gibt heute und auch in absehbarer Zeit eine Vielfalt an Berufen, die sich schneller wandeln als früher – das ohne Frage. Aber man muss nicht jedem Hype, das gilt auch für den Informatikhype, bedingungslos hinterherlaufen. Insofern ist das Bürsten gegen Strich des CEOs einer IT-Firma nicht schlecht.

Jetzt singen Sie sicher das hohe Lied des Handwerks?
Ja, es droht in der medienpolitischen Öffentlichkeit unterzugehen, dass es noch sehr viele wichtige handwerkliche Berufe mit Zukunftspotenzialen gibt. Das hat jetzt nicht nur etwas mit meiner Tätigkeit in Verbänden zu tun. Ich bin fest davon überzeugt, dass das Handwerk auch in Zukunft einen goldenen Boden haben wird. Ein Beruf hat, in meinem Verständnis, mit individuellen Fähigkeiten zu tun, die dann im Alltag mit der Freude an der praktischen Arbeit verbunden sind. Wenn Freude im Beruf erkennbar ist, nimmt man auch die Herausforderungen des Wandels – auch des digitalen Wandels – an. 

Da sind Sie auf der gleichen Linie wie Wirtschaftsverbände, die auch immer wieder das duale Ausbildungssystem der Schweiz loben.
Lassen Sie es mich ganz einfach an den Verdienstmöglichkeiten verdeutlichen. Es gibt in fast jedem Bereich in der Schweiz ein Fachkräftemangel. Daher verdient ja auch ein Metzger im Discounter doppelt so viel wie ein angelernter Angestellter im Detailhandel. Auch in unserer Branche sind die Verdienstmöglichkeiten mit einer entsprechenden Ausbildung sehr gut. 

Jetzt steht aber auch die Baubranche vor einer digitalen Umwälzung, die ganze Wertschöpfungsketten verändert. Das steht in Verknüpfung mit Kundenbeziehungen, mit der Automatisierung in der Produktion. Ein weiteres Stichwort heisst BIM. Das sind ja nicht nur Trends, sondern Veränderungen, die im Alltag zum Tragen kommen. Wie kann man hier das Wichtige vom Unwichtigen unterscheiden?
Lassen Sie mich die Herausforderungen skizzieren. Zunächst geht es um eine strategische Stufe. Es gilt zu überlegen, wie die unterschiedlichen Berufsfelder und ihre nötigen Qualifikationen in zehn Jahren stehen könnten. Da sind die Generation 4.0 und Generation Z, die dann den Berufsalltag prägen, auch ein Thema. Aus diesen Herausforderungen entwickeln wir analytische Werkzeuge, die wir unseren Mitgliedern zur Verfügung stellen. 

Was bedeutet dies konkret?
Das beginnt heute mit der digitalen Planung. Die Zeiten, in denen sich nur ein Gebäudetechnikplaner mit BIM auseinandersetzt, sind vorbei. Die Technologie entwickelt ja nur ihre Effizienz, wenn alle dabei sind und die unterschiedlichen Ergebnisse kompatibel sind. Das geht bis in die Details – beispielsweise der Materiallieferung. 

Wo liegt hier die Herausforderung für Ihre handwerklich geprägten Mitglieder?
Es darf sich niemand überrollt fühlen. Erstens gibt es in der Baubrache unterschiedliche Kulturen, die jenseits der technischen Herausforderungen nicht vergessen werden dürfen. Zudem braucht es zweitens passende Weiterbildungsangebote.

Und wie könnte eine Plattenproduktion in wenigen Jahren aussehen?
Ich war auf der CERSAIE in BOLOGNA, der Leitmesse der Keramikindustrie. An solchen Anlässen können wir die Zukunft schon anschauen. Sie erstellen ein digitales Bild, stellen es auf eine dementsprechende Plattform und Sie erhalten, beispielsweise als Fachhändler, die gewünschten Keramikplatten. Schon heute gibt es ja digitale Showrooms, in denen Sie ausprobieren und wählen können. Auch die Produktion wird sich verändern. Künstliche Intelligenz ist hier das Stichwort, welches es zu füllen gilt. Es geht darum, eine stufengerechte Aus- und Weiterbildung zu ermöglichen. Das hört sich sehr plakativ an und ist zudem nicht ganz einfach zu realisieren. Aber genau in diese Richtung muss es gehen.

Können Sie diese Argumentationsfigur noch etwas vertiefen?
Bei der Aus- und Weiterbildung wird das Vermitteln von nicht mehr zeitgemässen Technologien eingestellt und durch neue heute passende Inhalte ersetzt. Eine Keramikfläche wird aber nicht durch eine Software ersetzt.

Die analoge Arbeit geht nicht aus?
Richtig. Die Handarbeit ist weiter gefordert. Gleichzeitig bringen wir den Stand der Technik in die Ausbildungslehrgänge. Jugendliche wollen und sollen bei uns mit neusten Materialien und Technologien arbeiten. Unser Gewerbe ist ja jetzt auch nicht eine Massenveranstaltung. Das hat Vorteile. Wir wissen, was unterrichtet wird, und können über unsere Gremien auch Einfluss auf die Ausbildungsinhalte nehmen. Das ist ein Prozess, der rollend funktioniert. 

Können wir das an einem Beispiel verdeutlichen?
Bis vor wenigen Jahren musste in der Heizungsbranche ein Lernender noch wissen, was eine Kohlenheizung ist und wie sie funktioniert. Heute kennt er sich bei Solarlösungen aus. 

Wie helfen hier die Bildungspartner?
Bei uns werden im Rahmen der Aus- und Weiterbildung die neusten Technologien eingesetzt. Es geht um grossformatige Platten oder neue Abdichtungen, die gerade bei den Übergängen sehr wichtig sind. Auch dort arbeiten wir, dank der Bildungspartner mit den neusten Produkten. Alleine könnten wir das finanziell nicht stemmen.

Was bringen die neuen, grösseren Formate, wenn wir auf die Designschiene schauen?
Noch vor 30 Jahren war die Küche oder das Bad ein reiner Funktionsraum, und da war auch der Plattenleger zu Hause. Das hat sich aber schon vor 20 Jahren verändert. Seither findet man im ganzen Wohnbereich Plattenlösungen. Heute kann man mit grossformatigen Platten –wir sprechen hier eher von Wand- Belägen, von einer Höhe mit 3.20 Meter und einer Breite mit 60 Zentimeter. Sie sehen dieser Wand nicht an, ob es eine künstliche Rostfassade, ein Naturstein oder eine klassische Keramikplatte ist. Die Entwicklung wird an diesem Punkt weitergehen. Auch um Dienstleistungsbereich sind wir mit funktionellen Belägen auf der Höhe der Zeit. Im Industriebereich gilt es, sehr belastbar zu sein. 

www.plattenverband.ch