Koordiniertes Zusammenspiel der Gewerke: Baumeister, Holzbau und Fassade.

Herausfordernde Randbedingungen und eine extrem kurze Realisierungszeit erfordern auf dem Baufeld 1 den Einsatz modernster Planungs- und Managementinstrumente. Dazu gehören auch die Projektierung und Leitung der Arbeiten durch ein interdisziplinäres Generalplaner-Team.

Der April 2016 markierte den Anfangspunkt. Die Entscheidung des Architekturwettbewerbs für den Campus der Hochschule Luzern (HSLU) auf dem Baufeld 1 des Suurstoffi-Areals in Rotkreuz war gefallen. Die beiden Architekturbüros Konstrukt aus Luzern und Manetsch Meyer aus Zürich machten mit einem Holzhybridbau das Rennen. Schon vor dem Wettbewerbsentscheid war klar, dass die Realisierung einen sehr sportlichen Zeitplan vorsah: Bereits im August 2019 wollte die Hochschule einen Grossteil der Räume übernehmen. Bevor die Bauarbeiten überhaupt starten konnten, musste aber der Bebauungsplan im Rahmen einer Volksabstimmung im November 2016 angepasst und anschliessend ein Baugesuch gestellt werden. Für die Planung bis zum Beginn der Bauarbeiten standen schlussendlich nur 13 Monate zur Verfügung und für die Bauarbeiten 27 Monate. Eine extrem knappe Zeit angesichts des grossen Bauvolumens, der Bausumme von 185 Millionen Franken, der hybriden Bauweise sowie den mehreren Dutzend Fachplanern und Spezialisten. Schnell war klar, dass es für eine erfolgreiche Umsetzung viel Manpower und ein passendes Planungsmodell brauchen würde. Die Bauherrschaft «Zug Estates AG» entschied sich deshalb früh für das Generalplaner-Modell. Bei diesem schliesst der Auftraggeber nicht mit jedem Planer einen separaten Vertrag ab, sondern nur einen einzigen mit dem Generalplaner-Unternehmen. Dieses koordiniert die Arbeit aller Fach­planer und bindet sie mit eigenen Verträgen ein. Dadurch gibt es zwischen den Planern und der Bauherrschaft nur eine einzige Schnittstelle, den Leiter des Generalplaner-­Teams – im Fachjargon GP-Lead genannt. Das vereinfacht die Kommunikation, schafft klare Verhältnisse und entlastet die Bauherrschaft. Zudem ermöglicht das Generalplaner-Modell, dank massgeschneiderter Organisationsformen flexibel auf das jeweilige Projekt zu reagieren.

Alle ziehen an einem Strick
Diese Vorteile waren für die Anwendung des Generalplaner-Modells beim HSLU-Campus mit ausschlaggebend. Denn die extrem kurze Bauzeit lässt kaum Spielraum für detaillierte Abklärungen. So entfällt beispielsweise das sonst übliche ausführliche Variantenstudium. Geprüft werden nur verschiedene Lösungsansätze für die Bewältigung einzelner Aufgaben. Hier kann der Generalplaner mit seinem interdisziplinär zusammengesetzten Team schneller agieren als bei einer klassischen Projekt­organisation: «Durch die vertragliche Bindung ziehen bei uns alle Fachleute an einem Strick, und der Bauherr erhält pfannenfertige und zu Ende gedachte Lösungen aus einer Hand», sagt Peter Diggelmann, Leiter des Generalplaner-Teams für das Baufeld 1 sowie Inhaber des Projektmanagement- und Bauökonomie­büros Archobau AG in Zürich / Chur. Der kollaborative Ansatz des Generalplaner-Modells ist für ihn das grösste Plus und macht aus seiner Sicht die rasche Projekt­umsetzung des HSLU-Campus überhaupt erst möglich: «Bei einem so engen Zeitrahmen und einem so grossen Team können die Termine nur eingehalten werden, wenn alle miteinander arbeiten – und genau das bietet das Generalplaner-Modell», betont Diggelmann.

Massgeschneidertes Team
Das Generalplaner-Modell war bereits in der Wettbewerbsausschreibung vorgegeben und wurde während des Konkurrenzverfahrens konstituiert. Nachdem das Sieger­projekt feststand, ergänzte man das Team mit weiteren Planern und Fachspezialisten. Wie bei anderen Projekten auch, übernimmt der Generalplaner auf dem Baufeld 1 des Suurstoffi-Areals gegenüber der Bauherrin Zug Estates AG die Verantwortung für die Arbeit des gesamten Teams, stellt die Honorare in Rechnung und verteilt diese an alle Beteiligten.

Dreh- und Angelpunkt des Generalplaner-Teams ist sein Leiter. Er agiert nicht nur als direkter Ansprechpartner für die Bauherrschaft, sondern auch als Organisator des gesamten Planer-Teams. Er ist einerseits Ansprechpartner der Bauherrschaft, andererseits kommuniziert er mit den einzelnen Fachplanern und sorgt für einen guten Spirit im Team. «Letzteres ist besonders wichtig – nicht nur innerhalb des Generalplaner-Teams, sondern auch auf der Baustelle», sagt Peter Diggelmann. Ein guter Umgangston auf dem Bau und Team­bildungsanlässe gehören für ihn deshalb trotz hohen Zeitdrucks auch beim Projekt für das Baufeld 1 auf dem Suurstoffi-Areal unbedingt dazu.

Das Generalplaner-Modell hat für die Bauherrschaft aber nicht nur Vorteile, sondern birgt auch Risiken. Dies gilt insbesondere für den Leiter des Teams. Fällt er aus, besteht die Gefahr von Projektverzögerungen. Deshalb ist es beim Generalplaner besonders wichtig, die Stellvertretung vorausschauend zu regeln. Beim Baufeld 1 teilen sich Peter Diggelmann und Matthias Gehrig von der Archobau AG die Leitung. Entscheidend für die zielgerichtete und effiziente Arbeit im Generalplaner-Team ist aber auch ein gut strukturiertes und auf die Anforderungen des Projekts ausgerichtetes Organigramm sowie die Einbindung aller nötigen Spezialisten. Beim Baufeld 1 umfasst das Organigramm neben der Gesamtleitung des Teams und verschiedenen Stabsbereichen eine zweite Leitungsebene für die vier Kernbereiche Architektur, Ingenieurwesen, Haustechnik und Bauleitung. Aufgrund der Anforderungen des Projekts sowie der gewählten Planungs- und Managementinstrumente gehören zum Team auch ein Jurist für Fragen zu Ausschreibungen und Verträgen, die Spezialisten für das Lean-Management, die Baustellenlogistik sowie die Fachleute für die Arbeit am BIM-Modell. Letztere sind wiederum in allen vier Kernbereichen vertreten, um dort direkten Support bieten zu können.

Anmerkung:
Literaturhinweis: Generalplaner – all in one, vdf Hochschulverlag Zürich, 2017, 48 CHF. Zu bestellen unter: www.vdf.ch

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