bauRUNDSCHAU

«DIE ZEHN GEBOTE DES DIGITALEN BAUENS»

Um digital erfolgreich zu sein, organisieren wir uns bewusst analog. Wir teilen zum Beispiel Arbeitsschritte auf einem Kanban-Board zu und machen Prozesse und Arbeitspakete wieder für alle sichtbar.

Die Baubranche befindet sich am Beginn eines für sie ungewohnt dramatischen Wandlungsprozesses. Während andere Industrien ihre Effizienz seit Jahrzehnten durch Optimierungen steigern, bedient sich das Bauen teilweise jahrtausendealter Arbeitsprozesse.

Die neuen Arbeitsmethoden, welche durch die Digitalisierung zunehmend möglich werden, stellen eine riesige Verheissung dar. Sie versprechen nicht weniger als eine zweite Chance: Indem wir unsere Prototypen vor Baustart mittels BIM-Modell immer besser simulieren, können wir wieder austesten, lernen, Fehler riskieren. Langsam kommen wir weg vom ewigen Troubleshooting. Wir gewinnen Zeit, wir schaffen uns Bewegungsfreiheit.

Seitdem wir begonnen haben, schrittweise unsere Arbeitsprozesse an die zentrale 3-D-Simulation zu knüpfen, haben wir vor allem nach einer besseren Form des Managements gesucht. Fündig wurden wir in neuen Ansätzen aus der industriellen Produktion und der App-Entwicklung.

Dabei haben sich über die Jahre zehn Prinzipien herauskristallisiert, die uns Orientierung und Regel zugleich sind:

  1. Bewege Dich.
    Warte nicht auf Information, sondern hole sie Dir. Lass Dich nicht an die Wand drücken, und wenn es doch passiert ist, mach einen Plan, wie Du da wegkommst. Sei kritisch mit Deinem Umfeld und vor allem mit Dir selbst. Wie können wir besser werden? Ist es nicht paradox, dass ein Bauleiter von allen am besten weiss, wie ein Baudetail auszusehen hat, aber selbst keinen Strich mehr zeichnen kann?
  2. Gib Deiner Tätigkeit einen Sinn.
    Bevor Du eine Arbeit beginnst, frage Dich immer, warum Du diese Arbeit tust. Nur wer den Sinn seines Tuns versteht, kann Spass daran empfinden und gut darin sein. Lösungsorientiertheit, Ressourcenorientiertheit, Mut und Offenheit dienen als gemeinsame Wertebasis.
  3. Sei sinnstiftend für Dein Team.
    Lebe die gemeinsamen Werte vor. Nutze Deine eigenen Freiheiten und gib Deinem Team ebenfalls Raum, sich zu verwirklichen. Fördere die Selbstorganisation. Begleite Deine Mitarbeiter auf dem Weg vom Delegieren zum Coachen.
  4. Mache Deine Tools nicht zu Deinen Göttern.
    Deine Programme, Apps und sonstigen Arbeitsmittel müssen Deinen für Dich idealen Workflow unterstützen. Das perfekte Universalprogramm gibt es nicht. Also suche einen eigenen Mix, der Dir die nötige Flexibilität verschafft und hilft, deine Arbeitsabläufe zu optimierten. Wenn Du denselben Arbeitsschritt mehr als zweimal wiederholen musst, kannst du ihn vielleicht mit einem selbst programmierten kleinen Tool automatisieren. Kann das Deine App?
  5. Lege eine Information nur an einem Ort ab.
    Doppelte Führung von Informationen ist eine der Hauptursachen für Fehler. Hast Du die Pendenz XY aus dem Protokoll auch in der Pendenzenliste und im Plan nachgeführt? Lege möglichst viele Information zentral ab und stelle sie allen zur Verfügung. Das Holprinzip gilt auch für Externe.
  6. Strebe nach vollständiger Iteration.
    Einen Bau zu planen, heisst immer auch, das Unbekannte (Risiken und Unschärfen) zu managen. Plane vom Groben ins Feine. Die DNA des Ergebnisses muss umfassend im ersten Konzept stecken. Je besser das gelingt, desto einfacher fallen spätere Entscheide.
  7. Minimiere die Abstraktion.
    Versuche die Simulation Deines Projektes zu perfektionieren. Vergiss dabei nicht, dass der Mensch mehr Sinne hat als das Sehen. Oft sind die Entscheidungsträger Menschen, die das Lesen von Grundrissen nicht gewohnt sind. Nutze auch andere Kommunikationsmittel wie Virtual und Augmented Reality, Materialproben und Referenzprojekte.
  8. Denke die Prozesse von ihrem Ende her.
    Die Kette beim Bauen ist nur so stark wie ihr letztes Glied. Beziehe das Handwerk so früh wie möglich in Deine Konstruktionsüberlegungen ein. Wer einen Prozess am besten beherrscht, kann diesen auch am besten optimieren.
  9. Sei transparent.
    Kommuniziere ehrlich und offen. Die schlechteste Information ist die, die nicht geteilt wird. Wer sich verstellt, kann nicht nachhaltig konsequent operieren. Pflege mit Deinem Team eine Vertrauens- und Fehlerkultur. Nur wenn Du selbst Fehler zugeben kannst, wird Dein Team sich trauen, dasselbe zu tun. In einem guten Team stehen alle für die Fehler des Einzelnen ein.
  10. Organisiere Dich analog.
    Unsere Erfahrung zeigt: Die besten Mittel, uns in BIM-Projekten zu organisieren, sind analoge. Ein persönliches Gespräch ist tausendmal nützlicher als ein E-Mail. Dass Bauleiter und Zeichner im Team nebeneinandersitzen, ist viel besser, als dass die beiden auf einer Datenplattform ein 3-D-Modell gleichzeitig bearbeiten können. Ein Plan muss früher oder später einmal an die Wand gehängt werden, damit Du mal zwei, drei Schritte zurückgehen kannst, um ihn ganz zu überblicken. Das ganzheitliche Erfassen von Zusammenhängen gelingt Dir schwerer auf 27-Zoll-Monitoren. Mach Deinen Arbeitsvorrat sichtbar. Nutze Kanban-Boards, um deine langwierigen Arbeiten in überschaubare Schritte zu portionieren. Nur Arbeitsmittel, die alle verstehen, werden allseits akzeptiert und damit gut bewirtschaftet.

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Iteratives Planen heisst, dass ein Konzept die DNA des Ergebnisses umfassend enthalten muss. Auch das Unbekannte muss geplant sein.