Schweizweit sollen bis 2030 zirka 25 Prozent des Stroms von Fotovoltaik-Anlagen produziert werden. Diese müssen in Fassaden und Dächern integriert werden, weil das Raumplanungsgesetz Freiflächen-Anlagen einschränkt. Farbige PV-Fassaden und Steildächer sind also stark nachgefragt. Dieser Beitrag stellt aktuelle Produkte und Projekte der Hochschule Luzern vor.

Farbige PV-Module versprechen eine bessere visuelle Integration in die gebaute Umwelt, als es mit den herkömmlichen dunkelblau, -braun, schwarzen PV-Modulen möglich ist. Architekten und Bauherren wollen in der Gebäudehülle nicht auf die Farbspektren verzichten, die sie von herkömmlichen Baumaterialien gewohnt sind, und verlangen folgerichtig PV-Module in allen möglichen Farben. Prinzipiell kann man drei Ebenen eines PV-Moduls einfärben: das Frontglas, die PV-Zelle oder die Schmelzfolie dazwischen. Bei transparenten PV-Modulen kann man auch die Rückseite oder das dahinterliegende Bauteil einfärben.

Die Hochschule Luzern konzentriert sich auf den Ansatz, das Frontglas einzufärben. Damit ist man unabhängig von der PV-Zellen-Produktion und Technologie. Die Farbe, typischerweise Keramikfarbe, kann klassisch als Siebdruck oder innovativ als digitaler Druck aufgebracht werden, aus Gründen der Beständigkeit auf Position 2, das heisst der wetterabgewandten Glas­innenseite. Die Keramikfarbe wird im ­anschliessenden thermischen Vorspannungsprozess dauerhaft eingebrannt, das heisst damit entsteht ein farbiges Einscheibensicherheitsglas (ESG) oder teilvorgespanntes Glas (TVG), das auch für den Einsatz in der Fassade geeignet ist. Der Vorteil des Digitaldrucks ist die bessere Kontrolle der Auflösung und Druckmenge, mit der die Transparenz des Aufdrucks geregelt wird. In der Architektur kommen so eingefärbte Gläser schon häufig zum Einsatz. Die Kombination mit PV ist neu.

Herausfordernd sind die höheren Kosten bei gleichzeitig geringerem Ertrag. Ein farbiges Glas ist ja weniger transparent als ein klares Glas und reduziert damit die elektrische Effizienz und damit den Ertrag. Die Frage ist, wie viel Verlust man für die gewonnene Farbigkeit akzeptiert. Auf der Kostenseite fallen höhere Herstellungskosten und längere Energierückzahlungszeiten (Energy Payback Time, EPBT) an als mit Standardmodulen. Aber eigentlich hinkt dieser Vergleich. Man sollte ­farbige PV-Fassaden nicht mit Standard-PV-Fassaden vergleichen. Letztere werden aus gestalterischen Gründen immer häufiger abgelehnt, auch wenn sie günstig und effizient sind. Also bleibt als Vergleich nur noch eine normale farbige Fassade, ohne PV. Wenn man es so vergleicht, dann hat eine farbige PV-Fassade durch ihre Stromproduktion einen klaren Vorteil. Sie stösst kein CO2 aus und produziert Strom mit niedrigeren Umweltbelastungspunkten als der typische Strom-Mix. Und je nach Ausgestaltung der Muken 2014 ist Eigenstromverbrauch ein zusätzlicher wirtschaftlicher Anreiz.

Mit Unterstützung des Technologie-Transfer-­Unternehmens Üserhuus aus der Zentral­schweiz, des Schweizerischen Nationalfonds und der Industrie hat die Hochschule Luzern mehrere Kleinserien von innovativen farbigen PV-Modulen entwickelt. Bei der ersten Serie handelt es sich um «Proof of Concept»-Module. Mit ihnen konnte auf­gezeigt werden, dass sich Farben und Effizienz nicht ausschliessen. Die hier vorgestellten funktionellen Muster haben einen Effizienzverlust von 20 Prozent, gegenüber solchen mit nicht bedruckten Frontgläsern. In den Glas-Folien-PV-­Modulen ­kamen Standard multikristalline Zellen mit netzartigen elektrischen Verbindern und schwarzen Rückseitenfolien zum Einsatz. Diese Kombination ergibt eine bessere visuelle Homogenität der gesamten Modulfläche, als es mit den üblichen stark sichtbaren silbrigen Zell- und Querverbindern möglich wäre. Glas Trösch hat die farbigen Gläser geliefert, die dann in Deutschland von Gebäude Solar Systeme GmbH zu PV-Modulen laminiert wurden.

Die zweite Serie zeigt die Möglichkeiten mit mehrfarbigen Motiven. Unter dem Motto «Swissness» wurden die Fahnen aller Schweizer Kantone als Motive ausgewählt. Auch sie wurden so aufbereitet, dass die Verluste nicht grösser als 20 Prozent sind und sich keine sogenannten Hot-Spots ergeben. Das sind Bereiche auf dem PV-Modul, die durch Verschattungen entstehen und dessen unterschiedliche Einstrahlungen elektrische und thermische Lasten erzeugen, die zur Beschädigung des Moduls führen können. Die an der Hochschule Luzern entwickelte «meta C print»-Methode sorgt dafür, dass sich trotz Mehrfarbigkeit keine Teilverschattungen und Verluste über 20 Prozent ergeben. ­Zusätzlich wurden die PV-Module als hinterlüftete Fassadenelemente gebaut, das heisst als Glas-Glas-Module mit aufgeklebter Unterkonstruktion. Aus den PV-Modulen mit den Kantonsfahnen wurde eine PV-Eckwand gebaut und auf dem Gemeinschaftsstand des energie-clusters Schweiz Ende April 2016 auf der Hannover-­Messe in Deutschland als innovative Schweizer PV-Fassadensysteme gezeigt.

Anschliessend wurden diese PV-Module in eine PV-Glasbox integriert und im Rahmen der Energie Challenge 2016, einer Aktion der energie schweiz im Auftrag des Bundesministeriums für Energie, ausgestellt. Die PV-Glasbox besteht aus einem Stahlgitter, das vollständig mit VSG bekleidet wurde, das zum grössten Teil als aktive Fläche, das heisst Glas-Glas-PV-Modulen, besteht. Die Dachhülle besteht aus mo­nokristalllinen PV-Modulen, die mit zehn Prozent Transparenz etwas Tageslicht durchlassen. Die Fassaden bestehen aus opaken farbigen PV-Modulen der Serie «Swissness» und grossen Sichtfenstern, die den Blick auf das Ausstellungsobjekt, einen Elektro-Rennwagen, ermöglichen. Die Installation von ca. 2.2-kWp-PV-Modulen in Dach und Fassade ermöglicht es, die PV-Glasbox energieautark zu machen. Die PV-Glasbox ist also nicht netzgekoppelt, sondern lädt ein Batteriesystem, das alle Verbraucher (Beleuchtung, Monitor oder Lüftung) mit ausreichend Strom versorgt. Im Rahmen der Roadshow tourte sie durch sieben Schweizer Städte und zeigte als ­Pilot- und Demonstrationsanlage einer breiten Öffentlichkeit, dass sich Energiewende und Design nicht gegenseitig ausschliessen. Nach Stationen in Locarno sowie ­Luzern stand sie während der Sommerpause im Verkehrshaus Luzern, bevor es im August mit Aarau, Basel, Neuenburg, Montreux, Sion weiterging. Dieses Projekt konnte in Partnerschaft mit den zusätzlichen Industriepartnern wie Ernst Schweizer AG und BE Netz AG realisiert werden.

Terracotta-farbene PV-Module stammen aus dem Labor des CSEM in Neuchatel. In Zusammenarbeit mit Üserhuus und Nexpower wurde eine neue Generation dieser PV-Module als In-Dach-System entwickelt. Für ein Carport in Hergiswil auf dem Gelände einer historischen Villa eigneten sie sich hervorragend, weil ihre Farbe sehr gut zu dem schützenswerten Farbkonzept des Anwesens passte. Neben der idealen farblichen Integration werden hier zwei verschiedene Montagesysteme hinsichtlich Architektur und Konstruktion miteinander verglichen. Auf einer Dachseite wurden die Terracotta-PV-Module via dem bekannten Schweizer System MegaSlate von Meyer Burger integriert, auf der anderen Seite wurden dieselben PV-Module mit einem neuen System der schottischen Firma Genclad montiert. Letztere beruht auf aufgeklebten Alurahmen, die auf bauseits ­angebrachte Alu-Schienen eingehängt werden. Konstruktiv ist es aufwendiger und benötigt auch mehr Montagematerial, architektonisch hat es den Vorteil, dass keine Haltehaken mehr sichtbar sind. Eingerahmt wurden beide PV-Flächen mit dem bekannten Swisspearl System. Fachplanung und Ausführung wurden von BE Netz AG gemacht.

Weitere Informationen:
www.hslu.ch/ccease