Die Verantwortlichen freuen sich über die Solarlösung und ihre Steuerung.

Auf Solarstrom zu setzen, ist mehr als ein Beitrag gegen den Klimawandel. Wer ihn am eigenen Gebäude erzeugt, sichert sich langfristig günstige Energie. Selbst ein energiehungriges Unternehmen wie die Jörimann Stahl AG versorgt sich zu fast der Hälfte mit Solarstrom aus Eigenproduktion.

Die Jörimann Stahl AG ist in einem sehr energieintensiven Gewerbe tätig. In den Montagehallen in Walenstadt wird Eisen geschnitten, gebogen, geschweisst und anderswie bearbeitet. Industriebetriebe wehren sich oft, wenn jemand vorschlägt, die Energie zu verteuern, um den Verbrauch zu senken. Für Unternehmen wie die Jörimann Stahl AG ist Strom ein echter Kostenfaktor, mit dem man haushalten muss – gerade weil man ihn in rauen Mengen braucht: Der Verbrauch lag 2017 bei 520 Megawattstunden.

«Solarenergie zu nutzen, war schon lange ein Thema für uns», sagt Robin Jörimann, Mitglied der Geschäftsleitung des inhabergeführten Schweizer KMU. Den Anstoss gaben schliesslich die Verantwortlichen des lokalen Elektrizitätswerks. Sie empfahlen der Geschäftsleitung der Jörimann Stahl AG die Investition und rechneten ihnen vor, dass sie damit langfristig Stromkosten sparen konnten.

UNABHÄNGIGKEIT ERHÖHEN
Kosten reduziert der Solarstrom nicht nur, weil er sich günstig erzeugen lässt. Der Netzstrom ist wegen Verbrauchsspitzen besonders teuer – bei der Jörimann Stahl AG etwa wenn die Schweissanlage angefahren wird oder der Laserschneider in Betrieb ist. Für die Spitzenbelastung braucht es eine Stromleitung, die dieser gewachsen ist.

Um den Verbrauch im Tagesverlauf zu glätten, muss man wissen, wann er in die Höhe schiesst. Zu diesem Zweck haben die Elektrizitätswerke Walenstadt ein Webportal entwickeln lassen, das den Kunden ihren Strombezug vom Netz in Echtzeit anzeigt. Für Jörimann war damit der Moment gekommen, in erneuerbare Energie zu investieren – nicht nur der Umwelt zuliebe, sondern auch, um Kosten zu senken und sich von der Belastbarkeit des lokalen Stromnetzes und schwankenden Energiepreisen unabhängiger zu machen.

Zwei spezialisierte Firmen aus der Region arbeiteten ein Konzept aus, das die Geschäftsleitung der Jörimann Stahl AG überzeugte: Riva Energie (inzwischen Edion AG) und Kibernetik AG hatten eine Anlage projektiert, die den Verbrauch effizient steuern und einen Teil der gewonnenen elektrischen Energie speichern würde. «Das Angebot war finanziell interessant, sowohl was den Bau der Anlage betraf als auch den zu erwartenden Ertrag. Darum entschieden wir uns, diesen beiden Firmen den Auftrag für die Realisierung zu erteilen», betont Robin Jörimann.

Aus der Energieversorgung für Wohnbauten ist bekannt, dass eine Photovoltaik-Anlage umso mehr rentiert, je grösser der Eigenverbrauch ist. Denn Solarstromanlagen liefern tagsüber Strom und ersetzen damit teuren Hochtarifstrom. Was im Privathaushalt eine Herausforderung ist – viele sind tagsüber ausser Haus und verbrauchen einen grossen Teil ihrer Wohnenergie am Abend –, ist für die «tagaktiven» Unternehmen ideal. Die Sonne liefert dann am meisten Energie, wenn die Maschinen laufen.

EIGENVERBRAUCH IST ENTSCHEIDEND
Erzeugen die PV-Module doch einmal mehr Strom, als die Produktion benötigt und die Stromspeicher fassen können, wird der überschüssige Strom automatisch ins öffentliche Stromnetz eingespeist. Die Betreiberin des solaren Kleinkraftwerks erhält die ans Netz gelieferte Energiemenge gutgeschrieben. Den Solarstrom selbst zu ver
brauchen, ist finanziell aber attraktiver, als ihn ins Netz einzuspeisen. Damit eine Solarstromanlage rentiert, sollten deshalb mindestens 30 Prozent des Stromertrags im eigenen Gebäude genutzt werden. Für KMU gibt es verschiedene Möglichkeiten, wie sie eine PV-Anlage am eigenen Gebäude wirtschaftlich betreiben können (siehe Kasten).

Die Jörimann Stahl AG verbraucht fast 60 Prozent ihres Solarstroms selber, also zeitgleich mit der Produktion. An der Verbindung zwischen ihrer PV-Anlage und dem öffentlichen Stromnetz befinden sich zwei Zähler: Der Produktionszähler hält fest, wie viel Strom von der Solarstromanlage in das öffentliche Netz fliesst, der Bezugszähler misst die Energie auf dem entgegengesetzten Weg. Das Stahlbauunternehmen bezahlt nur die Differenz zwischen dem ans Netz gelieferten und dem von diesem bezogenen Strom.

Damit sich die Jörimann Stahl AG tatsächlich zu einem wesentlichen Teil mit selbst erzeugtem Solarstrom versorgen kann, ist eine grosse Anlage nötig. Genügend Dachfläche steht zur Verfügung, denn Stahlverarbeitung braucht nicht nur viel Strom, sondern auch einiges an Platz. Zwei lang gezogene Dächer des Werks in Walenstadt tragen seit November 2015 1.414-PV-Module, total 2 200 Quadratmeter, die maximal 368 Kilowatt leisten. Über das Jahr 2017 erzeugte das jörimannsche Solarkraftwerk 380 Megawattstunden Strom – so viel wie 90 typische Schweizer Einfamilienhaushalte im Jahr verbrauchen.

ANRECHT AUF FÖRDERUNG
Wer eine PV-Anlage realisiert, hat Anrecht auf die Einmalvergütung des Bundes. Diese beträgt ungefähr ein Viertel der Erstellungskosten. Die Wartezeit vom Anmelden der Anlage bei der Förderstelle Pronovo bis zum Ausstellen eines positiven Bescheids beträgt für Anlagen dieser Grösse weniger als drei Jahre.

Als die Jörimann Stahl AG ihre PV-Anlage plante, war die Situation anders: Es bestand eine lange Warteliste für die kostendeckende Einspeisevergütung (KEV), und
die Einmalvergütung wurde nur bei kleinen Anlagen gewährt. Die Stahlbauer entschieden sich, nicht auf die neue Gesetzgebung zu warten. Lieber wollte man die Anlage rasch realisieren und unbeeinflusst betreiben. Auch so würden die Erstellungskosten von rund CHF 500’000 innert elf Jahren amortisiert sein. Der unmittelbare Effekt zeigte sich schon nach wenigen Monaten: «Unsere Stromrechnung sank auf die Hälfte dessen, was wir davor an das Elektrizitätswerk überwiesen», freut sich Robin Jörimann und präzisiert: «Unsere jährlichen Stromkosten reduzierten wir von CHF 100’000 auf 50’000.»

Acht Monate dauerte der Bau der Anlage. Das Podest für die vier Wechselrichter unter dem Dach stellten die hauseigenen Stahlbauer her. «Ansonsten hatten wir mit der Erstellung nichts zu tun und produzierten während des ganzen Baus unvermindert weiter.» Werkstattleiter Max Blagojevic ist dafür zuständig, die Daten auf dem Verbrauchspanel zu kontrollieren und festzustellen, dass alles läuft. Sollte das einmal nicht der Fall sein – was in zwei Jahren Betriebszeit noch nicht vorkam –, verständigt er die Spezialisten der Edion AG. Diese sorgen dann dafür, dass die PV-Module wieder die Strommenge liefern, die aufgrund der aktuellen Sonneneinstrahlung zu erwarten ist. Es wurde bereits gesagt: Der Eigenverbrauch steigt, je besser sich die erzeugte und die gleichzeitig verbrauchte Strommenge entsprechen. Da dies nirgends zu 100 Prozent gelingt, speichern viele einen Teil des Stroms und beziehen ihn später. Die Jörimann Stahl AG hat einen anderen Weg gewählt: Sie verzichtet auf eine kostspielige Batterie und liefert sämtlichen Strom an das Elektrizitätswerk, der in der Produktion nicht sofort verbraucht werden kann.

IMMER GENUG STROM
Der Ostschweizer Industriebetrieb bezeichnet die Termintreue als eine seiner grossen Stärken – im Baugewerbe ist sie entscheidend. Darum müssen die Maschinen in der Produktion dann laufen, wenn es der Arbeitsablauf erfordert. Doch es gibt auch Arbeitsschritte, die weniger zeitgebunden sind. Diese Prozesse laufen immer dann, wenn der Betrieb wenig Strom bezieht. So wird der Stromverbrauch geglättet, kostentreibende Lastspitzen werden reduziert und der Eigenverbrauch steigt. In der Produktion merkt man davon nichts. Es steht zu jeder Zeit so viel Strom zur Verfügung, wie benötigt wird.

Ein hoher Eigenverbrauch heisst natürlich nicht, dass man die selbst produzierte Energie verschleudert. Vielmehr geht es darum, möglichst viel Netzstrom durch Solarstrom zu ersetzen. Dies praktiziert die Jörimann Stahl AG seit 2016 mit Erfolg. Rechnet man mit einer Laufzeit der Anlage von 25 Jahren (viele PV-Anlagen laufen schon wesentlich länger), kostet Jörimann die Kilowattstunde Strom vom Dach 10.2 Rappen – 20–30 Prozent weniger als der Strom vom Netz. Robin Jörimann hat deshalb einen Gratis-Tipp an die Mitbewerber: «Unternehmen, die viel Energie benötigen und den Solarstrom selber verbrauchen können, kann ich die Investition in eine PV-Anlage nur empfehlen.»