Wand aus Recyclingbeton in Thionville.

Wie aus Abfall im Bauwesen etwas Neues und Nützliches entsteht, zeigt das EU-Projekt SeRaMCo (Secondary Raw Materials for Concrete Precast Products). Als Lead-Partner im Verbund hat die Technische Universität Kaiserslautern (TUK) vier Jahre lang marktfähige Lösungen zur Rezyklierung und Wiederverwendung von Bau- und Abbruchmaterial für Bauwerke erforscht. Pilotobjekte zeugen davon, dass Bauen mit Fertigteilen aus Beton, der auf rezyklierter Gesteinskörnung basiert, innovativ und nachhaltig zugleich ist. Damit ist die Grundlage geschaffen, den ökologischen Fussabdruck der Bauindustrie zu verringern.

Prof. Dr. Ing. Christian Glock, der an der TUK das Fachgebiet Massivbau und Baukonstruktion leitet, unterstreicht die Relevanz von SeRaMCo: «Etwa die Hälfte der in Europa vorhandenen Primärrohstoffe, darunter Ton und Kalkstein
aus Steinbrüchen, kommen im europäischen Bausektor zum Einsatz, der zugleich ein Drittel aller Abfälle produziert». «Bis zu 95 Prozent der Inertabfälle von Abbruchgeländen werden bislang als Verfüllmaterial und für den Strassenunterbau verwendet. Nur ein Bruchteil davon gelangt in den Wertstoffkreislauf der Zement- und Betonherstellung zurück. Diese Lücke können wir jetzt schliessen.»

VOM GEBÄUDE ZUM MATERIAL UND ZURÜCK
Der Kreislauf beginnt beim planmässigen Gebäudeabriss, einer speziell im Projekt entwickelten hochwertigen Materialaufbereitung von Sand und Gesteinskörnungen bis hin zur Zementherstellung aus rezyklierten Sanden und der Betonherstellung mit rezyklierten Gesteinskörnungen. Sprich: Sand und Gesteinskörnungen kommen wieder und wieder in Bauten zum Einsatz.

«Ergebnis unserer Forschung sind neue Zement- und Betonmischungen sowie innovative Betonfertigteile aus rezyklierten Gesteinskörnungen», so Glock. «Mit zwei bereits abgeschlossenen Pilotobjekten konnten wir schlussendlich zeigen, dass Bauen damit sehr gut möglich ist.»

An einem Autobahnrastplatz in der Nähe des französischen Thionville haben die Projektpartner in interdisziplinärer Zusammenarbeit im September 2020 eine Wand aus L-förmigen Fertigteilen errichtet. Diese besteht zu 100 Prozent aus Recyclingbeton und heisst, mit dem Namen des Rastplatzes versehen, Besucherinnen und Besucher willkommen. Das zweite Bauwerk, ein Pavillon mit einer Fläche von knapp fünf mal sieben Metern aus Fertigteilen, die rezyklierte
Baumaterialien enthalten, entstand im Pirmasenser Stadtteil Husterhöhe. Das dritte Objekt, ein Parkour-Park im belgischen Seraing, befindet sich in Planung.

INTERNATIONALES VORBILD
«Sichtbarkeit hat das Projekt auch dadurch bekommen, dass wir bei den europäischen RegioStars Awards 2020 in der Kategorie «Circular economy for a green Europe» die Finalrunde erreicht haben», ergänzt Glock. «Das hat das gesamte Forschungsteam motiviert, zumal es bestätigt, dass unsere Forschungs- und Entwicklungsarbeit eine Vorbildfunktion hat.»

Am Projekt SeRaMCo waren elf Industrie- und Forschungspartner aus Belgien, Deutschland, Frankreich, Luxemburg und den Niederlanden beteiligt. Die EU hatte das Vorhaben im Rahmen ihres transnationalen Förderprogramms Interreg Nord-West Europa mit 4.3 Millionen Euro gefördert.

Julia Reichelt
ist Redaktorin an der TU Kaiserslautern.

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