Es grünt im Beton-Dschungel: das Quartier «Im Lenz» in Lenzburg. (Foto: Stadt Lenzburg)

Decken 2 000 Watt wirklich die persönlichen Energieressourcen ab? Die Bewohner des 2000-Watt-Areals in Lenzburg sagen klar: Ja! Die ersten Schritte in eine 2 000-Watt-Gesellschaft sind getan. Doch wie entwickelt sich Lenzburg weiter?

Seit 2014 ist Lenzburg Energiestadt und hat in den letzten Jahren ver- schiedene energiepolitische Vorzeigeprojekte erfolgreich durchgeführt. Das als «2000-Watt-Areal» zertifizierte Quartier «Im Lenz» in unmittelbarer Nähe zum Bahn- hof Lenzburg steht für einen nachhaltigen Umgang mit Ressourcen für die Erstellung der Gebäude, ihren Betrieb und ihre Erneu- erung. Vom 2000-Watt-Areal ist der Sprung nicht weit zur 2000-Watt-Gesellschaft, einer zukunftsorientierten und gerechten Gesellschaft. Jeder heute und in der Zukunft lebende Mensch hat Anrecht auf gleich viel Energie. Ungefähr 2 000 Watt Dauerleistung auf Primärenergiestufe pro Person stehen weltweit nachhaltig zur Verfügung. Die damit verbundenen CO2-Emissionen sollten eine Tonne pro Person und Jahr nicht über- steigen, weil sich sonst das Klima drastisch verändert. In einem intelligent aufgebauten Energieversorgungsystem und mit dem nötigen Bewusstsein reichen 2 000 Watt Dauerleistung pro Person aus, um in Wohl- stand und mit hoher Qualität zu leben. Lag die beanspruchte Dauerleistung um die Jahrtausendwende noch bei klar über 6000 Watt pro Einwohner, so sank sie 2013 bereits auf unter 5 500 Watt. Seither ist der Verbrauch pro Person abermals gesunken. Der Wendepunkt ist geschafft und die Schweiz hat den Weg in Richtung 2000-Watt-Gesellschaft eingeschlagen. Sicherlich haben hierfür die diversen ener- giepolitischen, regulatorischen und konkret baulichen Massnahmen in den letzten Jahren ihre positiven Spuren hinterlassen.

Doch Lenzburg will nicht auf diesen Lor- beeren ausruhen, sondern sich in allen Lebensbereichen zu einer «Smart City» weiterentwickeln. Im Zentrum dieser Ent- wicklung stehen die Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt Lenzburg, die «Smart Citizens» mit ihren Anliegen und Ideen. Um diese in die Gestaltung der Zukunft der Stadt aktiv mit einzubeziehen, wird Lenzburg erstmals ein «Smart City Lab» durchführen.

Smart City Lay
Das Smart City Lab ist eine für alle Inter- essierten offene zweitägige Veranstaltung, an welcher kreative Ideen für die Zukunft Lenzburgs entwickelt und ausgetestet werden können. Zu diesem Zweck stellt die Stadt geeignete Räumlich-keiten wie die Aula des Schulhauses Bleicherain und technische Infrastruktur wie zum Beispiel Schreibmaterial, WLAN, Strom zur Verfü- gung und sorgt für die Verpflegung der Teil- nehmenden. Im Vorfeld des Smart City Lab erarbeiten interessierte Einwohnerinnen und Einwohner sowie Vertreter ortsansässiger Unternehmen, der Stadtverwaltung und zivilgesellschaftlicher Organisationen Pro- blemstellungen, sogenannte Challenges, in Zusammenhang mit der zukünftigen Gestaltung Lenzburgs. Zu Beginn der Veranstaltung werden die Challenges kurz vorgestellt. Anschliessend hat jeder Teil- nehmende die freie Wahl, sich einem «Experiment» des Smart City Lab respektive dem entsprechenden Team anzuschliessen. Die Teams haben dann bis am frühen Nachmittag des Folgetages Zeit, ihre Ideen, Konzepte und Prototypen zu entwickeln und anschliessend allen Teilnehmenden und In- teressierten zu präsentieren. Alle Ergebnisse der Experimente werden anschliessend auf der Website des Smart City Lab publiziert und können für weiterführende Projekte genutzt werden.

Die Themen des Smart City Lab sind so vielfältig wie die Stadt Lenzburg selber. Nebst Infrastrukturthemen wie Energie- produktion und -verbrauch, öffentlicher und privater Verkehr oder Abfallentsorgung geht es auch um die Belebung bestimmter Quartiere oder möglicher Treffpunkte, den sozialen und kulturellen Austausch innerhalb der Stadt oder die Beziehung zwischen Einwohnerinnen und Einwohnern und den städtischen Behörden. Im Kontext der Corona-Pandemie ist das Thema Nach- barschaftshilfe besonders aktuell. Das Smart City Lab macht keine thematischen Einschränkungen. Jede Problemstellung zur Zukunft der Stadt Lenzburg ist grundsätzlich willkommen. Es liegt einzig an den Teilnehmenden, ob und in welcher Form ein bestimmtes Smart-City-Experiment durchgeführt wird.

Offene Daten sind eine wichtige Ressource, um viele Problemstellungen in Zusammen- hang mit der künftigen Gestaltung der Stadt zu bearbeiten. In den Daten der Ver- waltung und der öffentlichen Betriebe, aber auch der privaten Unternehmen und der sozialen Medien liegt das Wissen über eine Stadt verborgen. Smarte Citizens be- nötigen daher möglichst viele Daten über ihre Stadt, um Antworten auf ihre Fragen zu finden oder zukünftige Entwicklungen zu entwer-fen. Dazu gehören Geo- und Vermessungsdaten, diverse Statistiken, Gebäude- und Wohnungsregister, Angaben zu den Einwohnerinnen und Einwohnern und so weiter. Aus diesem Grund werden im Vorfeld des Smart City Lab nicht nur Problemstellungen, sondern auch Daten gesammelt, welche bei den Experimenten behilflich sein können. Diese Daten sollen offen und uneingeschränkt nutzbar sein. Und natürlich ohne jeden Bezug zu ein- zelnen Personen. Der Datenschutz und der Schutz der Privatsphäre ihrer Einwohnerinnen und Einwohner ist für eine Smart City eine Selbstverständlichkeit und hat stets höchste Priorität.

Die Zeit danach
Tools und Apps ermöglichen die Nutzung und Visualisierung der Daten. Digitale Bilder und räumliche Darstellungen in 3-D erlauben die Simulation künftiger Szenarien für die Stadtentwicklung. Daher stellt das Smart City Lab auch solche digitalen Hilfs- mittel zur Verfügung und unterstützt die Teilnehmenden bei deren Nutzung. Kennt- nisse in Softwareentwicklung sind aber keine Bedingung für die Teilnahme. Sie schaden aber auch nicht. Technisch ver- sierte Einwohnerinnen und Einwohner können für die Entwicklung einer Smart City wichtige Aufgaben übernehmen und ins- besondere Mitbürgerinnen und Mitbürger unterstützen, die digital vielleicht noch nicht ganz so fit sind.

Was geschieht nach dem Smart City Lab? Da die Ergebnisse der Experimente ohne Ausnahme öffentlich zur Verfügung stehen, können sie von allen Interessierten weiter- genutzt werden. Die Veranstalter (die Stadt Lenzburg, der Verein Opendata.ch und die Initiative CITELLIGENT) werden sich zusam- men mit den Sponsoren (Bundesamt für Energie BFE, Stadtwerke Lenzburg SWL, Hypothekarbank Lenzburg, Firma Onedigit) dafür einsetzen, dass sich die Experi- mente des Smart City Lab zu erfolgrei- chen Projekten der Smart City Lenzburg weiterentwickeln.

www.lenzburg.ch