Es gibt bessere Alternativen wie eine Solarheizung.

Kein Platz für Gas? Der Öltank oder das Pellet-Lager sind doch die Raumfresser bei der Gebäudeheizung, die Gasheizung hingegen braucht doch nur die Leitung ins Erdreich! Physisch nimmt eine neue Gasheizung in der Tat nicht viel Raum ein, aber ihr Kohlendioxyd-(CO2)-Fussabdruck ist viel zu gross, wenn fossiles Erdgas verbrannt wird.

Bevor der Vorwurf kommt, auf einem Auge blind zu sein, sei noch etwas vorweggeschickt: Für Ölheizungen mit ihrer desaströsen Klimabilanz ist schon längst kein Platz mehr im Gebäude der Gegenwart. Das haben Eigentümerschaft, Installationsbranche und Gesetzgeber erfreulicherweise zunehmend verstanden. Wenn sich die aktuellen Trends noch verstärken, dann werden wir uns in zehn Jahren verwundert fragen, wie man auf die Idee kommen konnte, diese fossile Flüsverdoppelt sigkeit zu verbrennen, um die Raumtemperatur ein paar Grad zu erwärmen.

Ist Öl also out, aber Gas hingegen nicht? Ist Gas nicht grün, wie Logo und Lobbying der Branche tagein, tagaus suggerieren? Nun, das Verbrennen von Erdgas setzt CO2 frei, was das Klima erhitzt und die menschliche Existenz bedroht. Nur weil die Klimabilanz von Gasheizungen ein Viertel weniger schlecht ist als die von Ölheizungen, ist Gas längst nicht sauber. Trotzdem: 25 Prozent weniger Emissionen als bei Öl wären schon ein Fortschritt –
wenn wir noch im Jahr 1990 lebten. Damals wusste man bereits um die Erderhitzung und hätte genug Zeit gehabt für eine gemächliche Reduktion der CO2-Emissionen. Heute geht es darum, jede Investitionsentscheidung im Gebäude zukunftsfähig zu machen, und eine neue Heizung ist 20 bis 25 Jahre in Betrieb. Zugleich muss der Schweizer CO2-Ausstoss um rund fünf Prozent pro Jahr zurückgehen. Eine Gasheizung mit 25 Prozent weniger Emissionen und 25 Jahren Lebensdauer senkt den Ausstoss aber bloss um ein Prozent
pro Jahr. Das reicht heute klar nicht mehr aus, um die gesetzten Ziele zu erreichen.

Power to Gas
Was sagen die Image-Broschüren der Gas-Lobby dazu? Der gasförmige Energieträger in den Leitungen und Heizungsanlagen müsse ja nicht aus fossilen Quellen stammen. So lasse sich Gas sehr wohl mit dem Ziel von netto-null Emissionen vereinbaren. Und tatsächlich ist es korrekt, dass im Gasnetz prinzipiell auch ausschliesslich Biogas und synthetisches erneuerbares Gas fliessen kann. Letzteres entsteht, wenn mithilfe von erneuerbarem Strom Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten wird und in einem zweiten Schritt der Wasserstoff mit CO2 zu Methan reagiert – der sogenannte «Power-to-Gas»-Prozess. Die
Gasversorgung lässt sich also theoretisch auf vernünftigere Quellen umstellen. Die elementare Frage lautet jedoch, wie schnell? Heutzutage stammen lediglich zwei Prozent
der Energie im Schweizer Gasnetz aus Biogas und null Prozent aus Power-to-Gas. Selbst die ambitionierten Ziele der Gasbranche versprechen nicht mehr als rund 15 Prozent sauberes Gas im Jahr 2030. Das bedeutet, selbst wenn es gut läuft, verbrennen Gasheizungen 2030 immer noch 85 Prozent fossiles Erdgas.

Die Sauberen Gas-Potenziale
Keine Frage – nichts spricht dagegen, dieses Ziel anzustreben und so viel  aturverträgliches
Biogas in der Schweiz zu erzeugen wie möglich. Aber auch die Gasbranche räumt ein, dass bei zehn bis 15 Prozent des heutigen Gasverbrauchs das Ende der Fahnenstange für einheimisches Biogas erreicht ist. Woher kommt dann der Rest? Import und «Power-to-Gas» lautet die Zauberformel. Ob eine massive Importstrategie für erneuerbares Gas ein verlässlicher Weg ist, soll jeder selbst bewerten (und dabei im Hinterkopf behalten, dass Biogas und Power-to-Gas in den Nachbarländern genauso knapp und begehrt sind wie hierzulande). Und einheimisches synthetisches Gas? Niemand verfügt über die Kristallkugel für den Blick in die Zukunft, aber manche Szenarien sind plausibler und andere weniger. Die Power-to-Gas-Technologie ist heute meilenweit von der Wirtschaftlichkeit entfernt, und aufgrund ihres niedrigen Wirkungsgrads müsste die Stromerzeugung in der Schweiz nahezu verdoppelt werden (selbstverständlich aus 100 Prozent erneuerbaren Quellen und zusätzlich zum Ersatz der Atomkraftwerke), um sämtliches verbleibendes Erdgas mit
synthetischem Gas zu ersetzen. Die Powerto-Gas-Technologie ist zweifelsohne eine
sinnvolle, segensreiche Innovation und es macht Sinn, tatsächliche Überschüsse an erneuerbarem Strom zur Erzeugung von Wasserstoff und / oder Methan einzusetzen. Wenngleich sollte die Frage gestellt werden: Wann haben wir in der Schweiz (oder auch in Europa) relevante Mengen an wirklich überschüssigem erneuerbarem Strom, den wir nicht klüger zu nutzen wissen, als ihn mit hohen Verlusten in Gas umzuwandeln? Strom, der durch Power-to-Gas nicht für andere effizientere Anwendungen verloren ginge und zugleich günstig genug ist, damit das synthetische Gas nicht unbezahlbar wird? Und wo genau nehmen wir genug vom CO2 zur Methanproduktion her, wenn fossile Emissionsquellen wie Zementwerke mittelfristig ausscheiden? Wohlgemerkt: Was im Jahr 2070 möglich oder wirtschaftlich ist, interessiert heute nicht, denn die Schweiz muss ihre Netto-Emissionen
möglichst rasch und spätestens bis 2040 auf null herunterfahren.

Sauberes Gas intelligent einsetzen
Bislang gibt es jedoch keine überzeugenden Antworten auf all diese Fragen. Und deshalb sollten wir uns nicht in die Tasche lügen: Sauberes Gas wird auf absehbare Zeit ein knapper und kostbarer Energieträger sein. Und allein deshalb müssen wir ihn äusserst intelligent einsetzen. Nämlich dort, wo heute noch keine Alternativen zu einem gasförmigen oder flüssigen Energieträger existieren. Beispielsweise in der Industrie, wo mit häufigen
Schwankungen hohe Temperaturen erreicht werden müssen, oder im Flugverkehr. Wo wir Biogas und Power-to-Gas dagegen nicht einsetzen dürfen – und auch nicht brauchen –, ist der Gebäudesektor. Denn in fast jedem Haus in der Schweiz lassen sich die erforderlichen
Temperaturen für Raumwärme und Warmwasser anders erzeugen als mit Gas oder Öl. Je nach Standort und Beschaffenheit des Gebäudes sind eine Wärmepumpe, ein Wärmenetzanschluss, eine Holzpellet-Heizung oder eine reine Solarheizung sogar günstiger und effizienter als die Umwandlung von Strom in Wasserstoff und von Wasserstoff in Methan und von Methan in Wärme.

Auch mit den Alternativen zur Gasheizung wird die Dekarbonisierung der Gebäude nur aufgehen, wenn wir zugleich konsequent auf Effizienz setzen. Denn auf absehbare Zeit sind nicht nur erneuerbare Gase knapp. Auch Holz, Abwärme aus KVA und erneuerbarer Strom für Wärmepumpen gibt es nicht unbegrenzt. Das Haus der Zukunft benötigt wenig Energie und bezieht diese uf effiziente Art aus den erneuerbaren Quellen, die wir nicht dringender woanders brauchen. Für fossiles oder grünes Gas hat es daher keinen Platz.

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