Die grosse Vielfalt an unterschiedlichsten Projekten

Der best architects 21 award ist vergeben worden. Mit annähernd 400 Einreichungen war die Teilnehmerzahl höher denn je. Die grosse Vielfalt an unterschiedlichsten Projekten war beeindruckend und zugleich eine grosse Herausforderung für die diesjährige Jury. Die Einreichungen verdeutlichen: Das klassische Einfamilienhaus macht einen Wandel durch. Der folgende Beitrag stellt daher die Bewerber in der Kategorie «Einfamilienhaus» vor. Weitere prämierte Kategorien sind «Mehrfamilienhäuser», «Büro- und Verwaltungsbauten», «Gewerbe- und Industriebauten», «Bildungsbauten» und «Öffentliche Bauten».

Die Ansprüche an Einfamilienhäuser sind heutzutage vielseitig. «Es ist spannend zu sehen, wie lebendig sich die Architektur entwickelt. Neue Herausforderungen werden von den Architekten mit viel Kreativität und Mut in Angriff genommen und es entstehen dadurch überraschende neue Lösungen. Jenseits von formalen Ansätzen steht meist ein starkes Konzept im Vordergrund, welches der Beständigkeit von Architektur und der sich oft über die Zeit verändernden Nutzung gerecht wird. Diese Entwicklung wurde mit den diesjährigen ausgezeichneten Projekten gewürdigt», sagt Tobias Schwarzer, der Initiator des best architects award.

Teamwork für Qualität
Bei den vielen Einsendungen ist es schwierig, Richtlinien festzulegen, an denen die unterschiedlichen Ansätze gemessen werden sollen, weiss der Juror Patrick Schmid. «Lassen sich überhaupt Kriterien festlegen, anhand derer unterschiedliche Interventionen vergleichbar werden? Und wessenLeistung soll denn honoriert werden? Gewiss, der best architects award richtet sich in erster Linie an Architekten. Aber jeder Architekt weiss, dass für ein gutes Gebäude sein eigenes Zutun allein nicht ausreicht: Mindestens ebenso entscheidend ist immer auch die Rolle, welche etwa Bauherrschaften und Behörden spielen. Ein Bauwerk von ausserordentlicher Qualität zeugt also immer auch von einem besonders konstruktiven Zusammenwirken aller beteiligten Akteure. Wenn wir nun vor den Resultaten unserer Jurierung stehen, dann wird klar, dass sich die prämierten Projekte durch genau jenes Zusammenspiel der Beteiligten auszeichnen. Sie schaffen es, über starke Ideen auf einer höheren Ebene etwas zu bewirken: Sie leisten einen Beitrag zu unserer Gesellschaft.»
Ein Einfamilienhaus, das heisst also schon lange nicht mehr vier Wände mit einem Dach und im besten Fall einem kleinen Garten. Neben Ästhetik werden auch Nachhaltigkeit und Regionalität immer wichtiger. Dabei wird besonderer Wert auf die Materialien und deren Verarbeitung gelegt. Bei den Einsendungen in der Kategorie Einfamilienhaus überrascht es daher wenig, dass bei neuen Häusern Holz und Glas dominieren.

Innovation und Nachhaltigkeit
Moderne Einfamilienhäuser sind schon lange keine Serienprodukte oder auffällige futuristische Bauten ohne jeden Alltagsbezug mehr. Vielmehr liegt der Fokus darauf, das Gebäude wie auch das Leben der Bewohner mit den natürlichen Bedingungen zu verflechten. In der Kategorie «Einfamilienhäuser» schaffte es das Büro Aretz Dürr Architekten aus Köln (D) mit dem Projekt «Haus D // 6», den Goldrang zu erreichen. Sie kreierten ein Wohnhaus, das vor allem kostengünstig und nachhaltig ist, dabei jedoch wertig und beständig bleibt. Die Umgebung wird fliessend in den Wohnraum einbezogen, sodass ein einladendes Miteinander entsteht. Dieses Einfamilienhaus ermöglicht so das Wohnen im Einklang mit der Umgebung und der Natur. Seine Gestaltung beschränkt sich auf das Notwendige und demonstriert, dass es keinen grossen Prunk braucht, um komfortabel zu leben. Ähnlich präsentiert sich auch das Projekt «Kleines Haus» aus dem Büro Lukas Lenherr Architektur aus Zürich (CH). Hier wurde in einer Remise Platz für drei Zimmer geschaffen, die Öffnungen im Inneren verknüpfen die Räume und schaffen Durchblicke nach draussen. Korridore gibt es auf den so entstandenen knapp 100 Quadratmetern nicht, das Haus besteht aus Sequenzen von Räumen, die auf diese Weise erfahrbar werden. Alle verwendeten Materialien sind natürlich belassen, das Erscheinungsbild ist klar und reduziert. Die Holzfassade aus regionalem Bestand wird sich im Laufe der Jahre mit der natürlichen Witterung verfärben, auch die Montagetechniken sind absichtlich sichtbar belassen worden. Auf diese Weise ist ein zurückhaltender Bau entstanden, der sich in den historischen Kontext der umliegenden Gebäude einfügt und den Ort nachhaltig prägt.

Bewusstes wohnen
Im Mittelpunkt steht also das Zusammenspiel mit der Natur und den historischen wie auch aktuellen Gegebenheiten, um ein harmonisches Gesamtkonzept zu erreichen. Die Einfamilienhäuser sollen (Wohn-)Raum schaffen und trotzdem verankert sein. Ein modernes Zuhause bedeutet schon lange nicht mehr auf Hochglanz polierte Marmor- oder Metallflächen und geometrische Strukturen. Vielmehr soll im Grundriss, in den Materialien und natürlich in der Lage eine Nähe zur Natur bewahrt und ein Zugang dazu ermöglicht werden. Auch der traditionelle Grundriss mit abgeschlossenen Räumen und fester Aufteilung rückt immer mehr in den Hintergrund, stattdessen gibt es fliessende Übergänge und grosszügige Strukturen.
Neubauten begegnen unter den Einsendungen in einer Bandbreite von opulent bis sparsam, doch immer kommt es auf Nachhaltigkeit und Natürlichkeit an. Natürlichkeit nicht nur im Sinne der Materialien, sondern auch in der Art, wie sich das Gebäude in die Umgebung einfügt und
schliesslich auch in der Entstehung. Die Rückbesinnung auf vergangene Zeiten und Werte zeigt sich auch in der Bauart der einzelnen Gebäude: Man setzt sich auf einer zeitgenössischen Ebene mit dem Handwerk auseinander, es geht darum, etwas Dauerhaftes zu erschaffen und verantwortungsvoll mit der Grundfläche und den Gegebenheiten umzugehen. Die Sieger haben sich durchgesetzt aufgrund ihres kreativen Umgangs mit den zeitgenössischen Anforderungen und Präferenzen. Zeitgemässes Wohnen, das heisst heute auch bewusstes Wohnen. Bewusster Bezug zur Natur, zur Vergangenheit und schliesslich auch zu sich selbst.

Respektvoller umgang mit der Vergangenheit
Doch nicht nur Neubauten konnten die Jury überzeugen. Auch jahrhundertealte Gebäude, die eine Restaurierung oder Sanierung erfahren haben, gehören zu den Preisträgern. Wer hier an schiefe Fachwerkhäuser mit niedrigen Decken und winzigen Fenstern denkt, liegt falsch: In einem Balanceakt zwischen Tradition und Innovation entstehen Lebensräume, die den modernen Bauten in nichts nachstehen. Ein Beispiel ist das Projekt «Jurastrasse 58» von den Architekten Kast Kaeppeli aus Bern (CH). Vor dem Umbau befand sich das Haus mit seinen drei kleinen Zwei-ZimmerWohnungen in einem schlechten baulichen Zustand. Im Zuge der baulichen Sanierung und der energetischen Optimierung konnten dank einer räumlichen Erweiterung daraus zwei zeitgemässe Familienwohnungen geschaffen werden. Dank der übereinanderliegend konzipierten Wohnungen wird die restaurierte Laubentreppe auch weiterhin genutzt und bleibt somit als wichtiges ortstypisches Element erhalten. Zusätzlich wurde Wert darauf gelegt, die Strukturen des Altbaus zu erhalten. In einem Anbau befindet sich ein offen gestalteter Raum zur Wohnnutzung, die ehemalige Fachwerkfassade wird nun zum innenliegenden Detail, das an die Geschichte des Hauses erinnert. Auch der Aussenfassade wird Tribut gezollt: Sie wurde fachkundig mit zeittypischer Gestaltung saniert. So bleibt der historische Charakter des Gebäudes erhalten. Der Anbau ist absichtlich zurückhaltend gestaltet und greift nicht in die Strukturen des Haupthauses ein, er ergänzt sie lediglich. Fenster und Dachkonstruktion sind an die Hanglage angepasst und sorgen somit für helle und offene Strukturen. Das Ergebnis dieser Sanierung ist eine detailreiche Architektur, die auf Bestand und Topografie spezifisch reagiert und den gegebenen Platzverhältnissen qualitätvolle Wohnräume abgewinnt, ohne den Wert des historischen Gebäudes zu schmälern.
So geschehen auch an einem Haus aus dem Jahr 1908 an den Hängen über dem Zürichsee. Hier wurden markante Originalelemente nicht nur beibehalten, sondern dienten darüber hinaus als Leitmotive für den weiteren Entwurf. Aus einem geschlossenen Grundriss wurde ein fliessendes Wohnkonzept, das Wert auf Offenheit und Grosszügigkeit legt und dennoch genug Rückzugsorte für die Bewohner bietet. Dazu gehört ein neu geschaffener Raum unter dem Dach mit verglaster Giebelwand, die den Ausblick über den Zürichsee auf die Alpen freigibt. Für ausreichend Privatsphäre sorgt ein aussen liegendes Holzgitter, das aus den ursprünglichen Entwürfen von 1908 stammt. Die Umgestaltungen werden als Dialog mit dem Gebäude und seiner Vergangenheit verstanden, auch das Farbschema greift die Originalfarben wieder auf. Sie waren bei der Restaurierung unter alten Farbschichten wieder aufgetaucht. Doch nicht nur auf die Vergangenheit wird Rücksicht genommen: Durch die Modernisierung
der Haustechnik, den Einbau neuer Fenster und die Isolierung des Daches konnte die Umweltbilanz des Hauses deutlich verbessert werden.

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