Zwei von drei Gebäuden in der Schweiz sind durch Oberflächenabfluss gefährdet.

Aufgrund der immer intensiveren Nutzung des Lebensraums und des Klimawandels nehmen die Risiken infolge von Naturgefahren zu. Dabei ist die Bauweise Hauptproblem und Lösungsansatz zugleich. Je früher die Gefahren und mögliche Lösungsansätze in die Planung einbezogen werden, umso einfacher lässt sich ein wirksamer und effizienter Gebäudeschutz umsetzen.

Zwei von drei Gebäuden in der Schweiz sind bei starkem Regen potenziell gefährdet, auch abseits von Gewässern. Dies zeigt die Gefährdungskarte Oberflächenabfluss, welche schweizweit im Falle eines lokalen Gewitters mögliche Abflusswege und überschwemmte Bereiche darstellt. Den Praxisbeweis liefern die unzähligen Schäden, welche die vielen Unwetter im Sommer 2021 angerichtet haben – bei uns in der Schweiz wie auch im benachbarten Ausland. Oberflächenabfluss kann man ähnlich wie einer Gefährdung durch Steinschlag, Lawinen oder Hochwasser nicht ausweichen. Ein guter Gebäudeschutz hängt vielmehr von einer gelungenen Konzeption und Umgebungsgestaltung ab, damit das im Überfluss anfallende Wasser schadlos abfliessen kann. Am grössten ist der Handlungsspielraum für kostengünstigen Schutz vor Überflutungen bei Neubauten. Doch auch bei Umbauten gilt: Je früher an Schutzmassnahmen gedacht wird, desto einfacher lassen sich diese ins Gesamtkonzept integrieren. Die Anforderungen und Möglichkeiten zum Schutz vor Überschwemmung und weiteren Naturgefahren sollten deshalb schon in die ersten Entwürfe eines Bauprojekts einfliessen. Dabei nehmen Architekten, Planer und Ingenieure eine zentrale Rolle ein, wenn sie als Fachspezialisten rund um das Bauen die Bauherrschaft auch bezüglich Naturgefahren beraten.

Naturgefahren-Check
Der Naturgefahren-Check auf der Website www.schutz-vor-naturgefahren.ch zeigt auf, welchen Naturgefahren ein Gebäude ausgesetzt ist. Nebst der Gefährdung am Standort werden zur Situation passende Empfehlungen für mögliche Schutzmassnahmen präsentiert, damit diese Lösungsvarianten direkt in das Gesamtkonzept eines Neubaus oder Umbaus einfliessen können. Wird eine Gefährdung durch Hochwasser oder Starkregen frühzeitig erkannt und in der Planung berücksichtigt, lässt sich möglicherweise die Höhenlage des Erdgeschosses und der Gebäudeöffnungen optimieren. Liegen sämtliche Fenster, Türen und Lichtschächte, aber auch Lüftungsöffnungen über der maximalen Überschwemmungshöhe, ist ein permanenter Schutz möglich. Solche baulich-konzeptionellen, fest installierten Schutzvorkehrungen sind besonders zuverlässig und langfristig auch sehr kosteneffizient. Im Idealfall entfällt somit zusätzlicher Aufwand für Wartung und Unterhalt mobiler Schutzsysteme und für das Üben von Notfallsituationen. Der Schutz vor Starkregen lässt sich gut mit Massnahmen zur Klimaanpassung kombinieren: Nach dem Konzept der «Schwammstadt» soll bei Starkregen das Wasser schadlos zwischen den Gebäuden hindurchgeleitet und über durchlässige Oberflächen lokal zwischengespeichert werden, sodass dieses in Trockenphasen wiederum verdunsten und zu einem angenehmen Stadtklima beitragen kann. Bei fortgeschrittener Planung sind die Handlungsoptionen eingeschränkt. Doch auch dann können beispielsweise noch hagelgeprüfte Produkte für Dach und Fassade ausgewählt, ein automatisches Hochwasserschutz-Klappschott zum Schutz der Tiefgarageneinfahrt eingebaut oder eine Hagelwarnung für die Lamellenstoren installiert werden.

Schutzzielvorgaben
Die 2020 überarbeiteten Normen SIA 261 «Einwirkungen auf Tragwerke» sowie SIA 261 / 1 «Einwirkungen auf Tragwerke – ergänzende Festlegungen» stellen neu auch konkrete Anforderungen an den Gebäudeschutz gegen Hagel, Schneedruck und alle gravitativen Naturgefahren (Hochwasser / Oberflächenabfluss, Rutschung, Steinschlag, Murgang und Lawinen). Die Schutzziele beziehen sich einerseits auf Gefahrengrundlagen wie die kantonalen Gefahren- und Intensitätskarten. Andererseits werden sie umso höher angesetzt, je grösser der zu erwartende Schaden über die Nutzungsdauer des Gebäudes ist. So erfolgt eine Abstufung je nach Gebäudenutzung und -funktion. Für diese pragmatische Risikoabstufung dienen die sogenannten «Bauwerksklassen» (BWK I-III), welche in der Norm SIA 261 definiert sind. Die praktische Anwendung dieser Normen wird in den Wegleitungen SIA D0260 «Entwerfen & Planen mit Naturgefahren im Hochbau» und SIA 4002 «Hochwasser – Wegleitung zur Norm SIA 261 / 1» sowie auf der Informationsplattform von «Schutz vor Naturgefahren» erläutert. Letztere vernetzt alle wichtigen Planungshilfen und ist deshalb für rasche Abklärungen und den Einstieg in das Thema besonders hilfreich.

SCHUTZ VOR NATURGEFAHREN
AN DER SWISSBAU 2022
• Halle 1.0 Süd / Stand Nr: F22

www.schutz-vor-naturgefahren.ch