Lang Sägewerk Urswil

Jeder Betrieb der Schweizer Holzindustrie spielt eine wichtige Rolle, wenn es um die Versorgung mit Schweizer Holzprodukten geht – zum Beispiel die Meier Holz AG in Zeglingen.

Der Standort des Sägewerks der Meier Holz AG steht am Dorfrand von Zeglingen an einem für dieses Gewerbe typischen Ort: etwas ausserhalb des Dorfes an einem Bach. «Auch unsere Sägerei wurde in den Anfängen mit Wasserkraft betrieben», sagt Patrick Meier,
38 Jahre, Geschäftsleiter der Meier Holz AG in der fünften Generation. In den Anfängen heisst für ihn: gegen Ende des vorletzten Jahrhunderts. Wenn er nicht genau weiss, wann genau das Unternehmen gegründet wurde, passt das. Denn was zählt, ist die Gegenwart. Und diese sieht einen Betrieb, der nicht mehr am Wasserrad hängt, sondern dreimal mehr
Strom selber produziert, als er braucht. Alle Dachflächen sind mit Solarzellen bestückt, und zusammen mit der Leistung des firmeneigenen Holzvergaserkraftwerks könnten zusätzlich
zum Sägewerk zwei Drittel der Haushalte im 500-Seelen-Dorf Zeglingen mit Strom versorgt werden. Dazu kommt, dass damit erst ein Drittel des Restholzes verwertet ist. Der Rest wird an Industrie- und Energieholzbetriebe geliefert.

KUNDENWUNSCH IN SCHWEIZER HOLZ
Damit ist gesagt, dass die Meier Holz AG – wie die meisten Holzindustriebetriebe – auch ein Energieunternehmen ist. «Bei uns macht das zehn Prozent des Umsatzes aus», sagt Patrick
Meier. Rund die Hälfte der jährlich angelieferten 12’000Kubikmeter Rundholz wird als Restholz weiterverwertet. Aus der anderen Hälfte gewinnen die Mitarbeitenden Latten, Schal- und Gerüstbretter, aber auch Klotzbretter und Hobelware. Neben Standardware, die in den Holzhandel geht, werden aber auch qualitativ hochwertige Schnittholzprodukte – zum Beispiel für den sichtbaren Bereich – hergestellt. Eine Schlüsselrolle kommt dabei dem Mitarbeiter zu, der die Bandsäge bedient. «Er muss – wie schon der Rundholzverantwortliche – ein Auge für qualitativ hochwertige Holzpartien haben und den
Stamm entsprechend ideal auftrennen», sagt Patrick Meier. Nachdem den Brettern in einer der drei Trockenkammern die nötige Feuchtigkeit entzogen worden ist, werden sie an
einer der beiden Fräsen weiter aufgetrennt und zu Endprodukten verarbeitet. «Während andere Sägereien vor allem nach Länge und Durchmesser sortieren, sortieren wir nur
nach Qualität», sagt Patrick Meier. «Damit erhöhen wir die Wertschöpfung erheblich.»

Diesen Weg der maximalen Wertschöpfung gehen auch viele andere Sägewerke in der Schweiz, zum Beispiel das Lang Sägewerk in Urswil LU. Auch hier stand vor über 150 Jahren ein Bauernhof mit einer kleinen Mühle – und rundherum viel Wald: Fichten, Tannen, aber auch Douglasien, Lärchen und Föhren, bestes Bau- und Möbelholz also. Mit der Zeit und den äusseren Begebenheiten, aber auch mit den Bedürfnissen der Kundschaft entwickelte sich die Dimension und Ausgestaltung des Sägewerkes. Es soll alles liefern können: Bretter und Latten, aber auch Balken und Fassadenschalungen. Eine Spezialität
ergibt sich aus der Verfügbarkeit von Douglasien. Daraus lassen sich wetterfeste Bodenroste zimmern. Aber auch Sichtschutzwände und Gartenmöbel werden nachgefragt. Und seit einiger Zeit ist das Lang Sägewerk unter der Leitung des erst 28-jährigen Linus Amhof auch in der Kistenproduktion aktiv. Wie auch die Meier Holz AG ist das Lang Sägewerk gross genug, um ein Hausprojekt zu beliefern, aber auch klein genug, um den Kunden zu bedienen, der nur einen einzelnen Balken für die Reparatur an seinem Balkon braucht.

DIVERSIFIZIERT FÜR JEDEN UND ALLE …
Noch einen Schritt weiter im Ausbau des Holzindustriebetriebes ist die Yerly Bois SA in Treyvaux nahe dem Lac de Gruyère gegangen. Zum Säge- und Hobelwerk mit einigen
Trockenkammern gesellt sich hier noch ein Holzleimwerk. Bis zu 13Meter lang sind die Pfetten und Träger, die das Leimwerk verlassen. «Ausgelegt ist es auf 2 000Kubikmeter Leimholzproduktion pro Jahr, in den letzten Jahren übertrafen wir diesen Wert aber um einiges», sagt Florian Yerly, 38 Jahre. «Unsere Marktchance ist, dass wir nahe bei unseren Kunden sind und genau das produzieren, was sie wünschen.» Im Kanton Fribourg bedient er die Zimmerleute im Direktverkauf, ausserhalb arbeitet er mit Wiederverkäufern und
Baumärkten zusammen. «Das Verhältnis von Direktverkauf zu Zwischenhandel ist etwa 50 zu 50», sagt Florian Yerly, der selber keine Lastwagenflotte unterhält, sondern die
Kunden die Ware abholen lässt. Mit einer breiten Palette von Weiterverarbeitungsmöglichkeiten und viel Flexibilität in der Zusammenarbeit mit den Einzelkunden schafft es die Sägerei Yerly, 18 Menschen zu beschäftigen und immerhin
rund 25’000Kubikmeter Rundholz jährlich zu verarbeiten – garantiert Schweizer Holz aus den umliegenden Wäldern, das eine maximale Wertschöpfung generiert.

Ähnlich gelagert wie die Yerly Bois SA ist die Konrad Keller AG in Unterstammheim im Zürcher Weinland. Im Gegensatz zu den anderen Sägewerken wird hier aber auch Laubholz verarbeitet. Denn was in den meisten Regionen der Schweiz als Thema erst langsam aufkommt, ist im Zürcher Weinland schon Realität: Die Fichtenvorkommen schwinden. «Beides – sowohl Nadel- als auch Laubholz – wird bei uns durch dieselbe Blockbandsäge eingeschnitten», sagt der 27-jährige Andrin Keller, der nun in vierter Generation in den elterlichen, über 100-jährigen Betrieb einsteigt. Verarbeitet wird alles, was der regionale
Wald hergibt und nachgefragt wird: «Die Auswahl reicht von der Weymouthsföhre bis zum Kirschbaum», sagt er. Entsprechend weit gefächert sind auch die Möglichkeiten in der
Weiterverarbeitung: Im Hobelwerk steht unter anderem eine Bauholzhobelmaschine, mit der Konstruktionsholz und Leimbinder bis zu einer Länge von 15Metern vierseitig gehobelt,
gefast und auf Wunsch mit Spezialprofilen versehen werden können. Seit drei Jahren verlassen zudem verleimte Träger aus Fichte, Buche oder Esche – oder hybrid aus einem Mix von verschiedenen Holzarten – das neue Leimwerk, das etwas abgesetzt auf der anderen Seite der Bahngeleise steht.

Obwohl in vielem ein Nischenplayer, gilt es auch für die Konrad Keller AG, fit zu sein für Grossaufträge. «Das neue Holzdeck für den Flughafen Zürich interessiert auch uns», sagt dazu Andrin Keller. Er ist zurzeit daran, betriebliche Abläufe so zu optimieren, dass die Produktion im Kleinen und im Grossen nebeneinander möglich ist. «Ziel ist eine schnittstellenfreie, flexible und einfache Produktionssteuerung», sagt er. «Diese können wir dann in einem zweiten Schritt digitalisieren.»

… ODER AUTOMATISIERT FÜR DIE MASSE
Einen anderen Weg geht die Despond SA. Wer durch die grossen Lagerhallen am Stadtrand von Bulle streift, sieht vor allem eines: Latten. In allen Variationen sieht man sie gestapelt: als Einfach- und Doppellatten, als Schalungsholz, als Hobelware (auf Anfrage) und in Form von Paletten. Dazu kommen Nut- und Kamm-Bretter, Parallelbretter und Schnittholz für Leimholzprodukte. Produziert werden sie in einem schlanken und weitgehend automatisierten Prozess. «Wichtig sind intelligente Abläufe», sagt Jacques Rime, 41 Jahre. «Wir wollen es schaffen, Latten aus Schweizer Holz zu einem international konkurrenzfähigen Preis anzubieten.» Tatsächlich beschäftigt Despond SA nur etwa 40Mitarbeiter in einem Betrieb, der rund 145’000Kubikmeter Rundholz verarbeitet. Sie organisieren die Rundholzannahme und überwachen die im Karussell laufende Zerspanerlinie, die Stämme bis 65 Zentimeter Durchmesser aufnehmen kann. Dazu
kommt eine Kreissäge für die Mittelbretter, ein Besäumer für die Seitenbretter und die vollautomatisierte Lattenproduktionsanlage. Vor allem aber halten sie zwischen den Produktionslinien, den zehn Trocknungskammern und den grossen Lagerhallen die Logistik aufrecht. Wenn man mit Jacques Rime spricht, merkt man sofort: Da ist ein Betriebswirtschafter am Werk. Nüchtern analysiert er den Markt und nützt dessen
Opportunitäten aus. Die Hauptkunden für die rund 30 verschiedenen Lattenprodukte der Despond SA sind Wiederverkäufer. Dazu gehören zum Beispiel Baumärkte. Das Umfeld
ist hart, vor allem dann, wenn in der Schweiz die Energieund Rundholzpreise hoch, die europäischen Schnittholzpreise jedoch tief sind. Trotzdem kann sich die Despond SA
dank Innovation in den Produktionsprozessen und rigider Kostenkontrolle halten und ihre eminent wichtige Rolle als Produzentin von Schnittholzprodukten aus Schweizer Holz weiterspielen.

DIE JUNGEN MACHEN WEITER
Andrin Keller, 27 Jahre, Linus Amhof, 28 Jahre, Patrick Keller und Florian Yerly, beide 38 Jahre, Jacques Rime, 41 Jahre: Obwohl die Vermarktung von Schweizer Holz kein Selbstläufer, sondern harte Arbeit inmitten diverser Standortnachteile gegenüber der ausländischen Konkurrenz ist, schaffen es viele Betriebe, junge Menschen zu motivieren, diese Generationenprojekte weiterzuführen. Keiner von ihnen versteckt sich im Büro. Alle sind nahe bei den Mitarbeitendenund legen oft auch selber Hand an. Die Administration
beschränkt sich auf ein Minimum, die Vermarktung sowieso. Das zeigt sich zum Beispiel an den Internetauftritten. Während beim Riesenwerk Despond etwas über das Team, eine kurze Geschichte, ein Kontakt und die knappe Darstellung der Produkte genügen müssen, besteht die Website der Meier Holz AG nur aus einem einzigen Bild und einem Kontakt!

BEZIEHUNG STATT PROSPEKTE
Warum das so ist, wird klar, wenn man mit Kurt Meier, dem Onkel von Patrick Meier (von den elf Mitarbeitenden der Meier Holz AG gehören fünf zur Familie Meier!) spricht. «In der Holzindustrie sind persönliche Beziehungen zentral», sagt er. «Unsere Kunden wissen, was sie an uns haben.» Natürlich könnten die Zimmerleute das Schnittholz im Ausland rund 20Prozent günstiger einkaufen. Aber sie wissen genau: Wenn sie mal eine spezielle Dimension oder ein unübliches Profil brauchen, dann liefert ihnen das nur ein Unternehmen wie Meier, Lang, Yerly oder Keller. Und wer als Jugendlicher für seinen Hasenstall das Holz bei einem dieser Betriebe hat beziehen können, der kommt 20Jahre später wieder, wenn es um ein Eigenheim geht. Dazu kommt das gute Gefühl, nachhaltig und energieautark produziertes Schweizer Holz in den Händen zu halten.

GROSSPROJEKTE FÖRDERN ZUSAMMENARBEIT
Es wäre aber verfehlt zu verschweigen, dass jedes Jahr Dutzende Sägewerke von der Bildfläche verschwinden. Oft weichen sie Bauprojekten oder sie sind Opfer eines Konzentrationsprozesses hin zu mittleren oder grossen Holzindustrieunternehmen. Diese lernen indes, sich nicht nur als Mitbewerber, sondern als Teil einer Partnerschaft zu begreifen, in der jeder Betrieb einen wichtigen Beitrag leistet. Treiber dieser Entwicklung sind diverse Mega-Holzprojekte, die in Planung oder bereits Realisation sind und nur im Verbund mehrerer Holzindustriebetriebe überhaupt bewältigt werden können. Ein aktuelles Beispiel ist das Projekt Hortus in Allschwil, an dessen Realisation unter der Leitung der Konrad Keller AG mehrere Holzindustrieunternehmen beteiligt sind. Solche Projekte sind auch ein Hauptgrund für die optimistische und investitionsbereite Grundstimmung in einer Branche, die sich in einem rauen Umfeld resistent, anpassungsfähig und innovativ
zeigt. Und wie sieht Patrick Meier die weitere Ausrichtung seines Sägewerkes? «Bei uns geht es vor allem um die Weiterentwicklung des Bestehenden», sagt er. Dazu gehören Optimierungen an der Heizung und an der Trocknung oder die Verbesserung des Trockenlagers und der Hobelmaschine.

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