Unter dem Thema Erdwisssenschaften verbergen sich komplexe Herausforderungen. Wer einen Tunnel bohrt, muss wissen, wie die Geologie aussieht, und wer auf einem Baugrund steht, der vermutlich mit Schadstoffen belastet ist, will als Investor Klarheit haben. Wir waren in der jüngsten Filiale von GEOTEST in Basel und führten mit dem Geschäftsführer Frank Bussmann ein Interview.

In den ersten Jahren von GEOTEST beschäftigte Ihr Haus in erster Linie Geologen. Um welche Aufgabenfelder ging es da?

Die Firmengründung der GEOTEST erfolgte 1962 und somit in einer Zeit des allgemeinen wirtschaftlichen Aufschwungs. Da zu dieser Zeit sowohl in der Schweiz als auch im Ausland zahlreiche grosse Infrastrukturprojekte geplant wurden, war die Nachfrage nach qualifizierten geotechnischen, geophysikalischen und geologischen Dienstleistungen, wie die junge GEOTEST sie anbot, entsprechend rege. Grössere Projekte wurden in der Schweiz unter anderem im Bereich Eisenbahn-, Autobahn- und Staudammbau begleitet. Aber auch Auslandsprojekte, vorab im Vorderen Orient, in Nordafrika und Südamerika standen im Fokus und wurden mit grossem logistischen Aufwand abgewickelt. Dies geschah oft im Auftrag von international tätigen Schweizer Unternehmen.

Für die erfolgreiche Umsetzung solch anspruchsvoller Infrastrukturprojekte waren fundierte Kenntnisse über den Untergrund sehr wichtig. Kann man das als Laie so zusammenfassen?
Ja, eine Staudammmauer musste und muss  im wahrsten Sinne des Wortes sicher stehen. Ein Gründungsziel der jungen GEOTEST war es, als erstes Beratungsbüro in der Schweiz die drei Fachgebiete Geologie, Geotechnik und Geophysik unter einem Dach zu vereinen. Das gab es in der Schweiz zu dieser Zeit nicht.

Sie konnten also ein Alleinstellungsmerkmal vorweisen. Warum haben sich Ihre Tätigkeitsfelder dann in den letzten Jahren derart ausgeweitet?
In den Siebzigerjahren war in der Schweiz die Rezession stark spürbar. Um nicht ausschliesslich von Auslandsaufträgen abhängig zu sein, wurde eine Diversifikation des Dienstleistungsangebots angestrebt. Zu Beginn kam also die Diversifikation des Angebots gewissermassen aus einem wirtschaftlichen Druck heraus. In den Achtzigerjahren kam es in der Schweiz schliesslich zu einem regelrechten «geologischen Boom». Themen wie beispielsweise Naturgefahren, Grundwasserqualität und weitere Umweltthemen rückten immer stärker in den öffentlichen Fokus. Dazu mussten parallel immer wieder neue Mess-, Untersuchungs- und Beurteilungsmethoden entwickelt werden. Hier konnten wir an vorderster Front mitwirken.

Was hat eigentlich dazu geführt, dass die angesprochenen Umweltthemen in der öffentlichen Wahrnehmung einen Platz fanden?
Die wachsende Sensibilisierung der Gesellschaft. Dazu spielten hier zumeist aufrüttelnde Schlüsselerlebnisse eine grosse Rolle. Bei Naturgefahren waren solche Schlüsselerlebnisse beispielsweise das grosse Unwetter im Kanton Uri 1987 oder der Felssturz 1991 in Randa im Kanton Wallis. Es gab eine gesellschaftliche Forderung nach mehr Sicherheit und Risikominimierung. Die Politik hat reagiert und das revidierte Waldgesetz von 1993 verabschiedet. Es entstand eine Pflicht bei den Kantonen, das Thema Naturgefahren professionell anzugehen, beispielsweise durch die Erstellung von Naturgefahrenkarten. Und da kamen wir wieder ins Spiel.

War dieser Prozess der gesellschaftlichen Sensibilisierung auch bei anderen Themengebieten ähnlich?
Ja, ein weiteres Beispiel ist die Altlastenthematik. Oft wurde bis weit in das 20. Jahrhundert hinein bei der Entsorgung von Industrieabfällen nicht allzu genau hingeschaut. Abfälle, teilweise giftig, wurden in Gewässer gekippt und im Umfeld von Industriebetrieben abgelagert. Mit einem wachsenden Bewusstsein für Untergrundbelastungen und den damit verbundenen negativen Auswirkungen auf unseren Lebensraum wurde der risikobewusste Umgang mit Altlasten auch gesetzlich verankert. So zeigt die Altlastenverordnung von 1998 beispielsweise auf, wie mit belasteten Standorten in der Praxis schadensvorbeugend umzugehen ist.

Kommen wir zu den Neunzigerjahren.
Die GEOTEST konnte sich in den Neunzigerjahren, als die Naturgefahrenthematik unter anderem durch das revidierte Waldgesetz 1993 in einen breiteren Fokus rückte und schnell Fahrt aufnahm, von Anfang an einen sehr guten Namen im Zusammenhang mit Naturgefahrenmanagement erarbeiten. Auch heute noch stellen Projekte im Zusammenhang mit Naturgefahrenprozessen ein wichtiges Standbein unserer Firma dar.

Und wie haben sich diese Projekte in den letzten Jahren verändert?
Es geht heute vermehrt um die Umsetzung von Massnahmen und weniger um das Erarbeiten der Grundlagen. Und da können wir, aufgrund unserer fachlichen Breite, wiederum häufig Gesamtlösungen inklusive Baubegleitung anbieten.

Können wir ein erstes Zwischenfazit wagen, was die Tätigkeitsfelder Ihres Hauses betrifft?
Zusammenfassend lässt sich wohl sagen, dass das Wissen über die Zusammenhänge unseres täglichen Lebens mit der Umwelt in den letzten Jahrzehnten stark zugenommen hat. Die staatlichen Institutionen haben darauf richtigerweise reagiert und den Erbringern von erdwissenschaftlichen Dienstleistungen auf diese Weise neue Tätigkeitsfelder eröffnet. Infrastrukturprojekte stehen aber auch weiter auf unserer Agenda.

Springen wir in die Praxis und nochmals in das Altlastenthema. Ich hebe als Bauherr einen Baugrund aus und stosse plötzlich auf die Hinterlassenschaften einer alten Tankstelle …
Das Beispiel mit der Tankstelle sollte so nicht passieren. Wir haben seit 1998 eine Altlastenverordnung. Die Kantone wurden verpflichtet, einen sogenannten Kataster der belasteten Standorte zu erstellen. Eine ehemalige Tankstelle müsste dort als Betriebsstandort erfasst sein.

Was ist ein Kataster der belasteten Standorte? Und wie würde die Tankstellengeschichte weitergehen?
Der Kataster der belasteten Standorte ist hinsichtlich potenzieller Verschmutzungen im Untergrund ein zentrales Planungsinstrument für die kantonalen Behörden. Ein ehemaliger Tankstellenstandort sollte im Kataster bereits als Verdachtsfläche eingetragen sein. Bei unserer Arbeit geht es zunächst um die Geschichte des Standorts. Wir gehen in die staubigen Papierarchive. Das ist die historische Untersuchung. Sie ist der erste Schritt und steht vor der technischen Untersuchung. Wir suchen im Rahmen der historischen Untersuchung Anhaltspunkte, mit was für Belastungen im Untergrund zu rechnen ist.

Und wie geht es dann weiter?
Wir erstellen zunächst ein Pflichtenheft, also einen Vorschlag, was im Rahmen der folgenden technischen Untersuchung zu untersuchen ist. Dieses Pflichtenheft kommt dann zur zuständigen kantonalen Behörde zur Prüfung. Bei einem positiven Entscheid wird die technische Untersuchung schliesslich realisiert. Beispielweise werden Sondierungen durchgeführt. Die daraus gewonnenen Boden-, Bodenluft- oder Grundwasserproben werden in spezialisierten Laboren auf Schadstoffe untersucht. Oder aber direkt vor Ort mit eigenen Messgeräten.

Können Sie uns ein Beispiel für eine Vor-Ort-Messung verraten?
Wir messen Bodenschadstoffe wie Schwermetalle zum Beispiel mit portablen XRF-Geräten. Das sind Röntgenfluoreszenz-Geräte, die wie eine Laserpistole aussehen. Mit solchen Geräten «scannen» wir das Erdmaterial und erhalten Angaben zu verschiedenen Schadstoff-Konzentrationen.

Wie sehen die nächsten Schritte aus?
Es geht dann um eine Klassifizierung. Ist der Standort überwachungs- und/oder sanierungsbedürftig. Und es geht selbstverständlich darum, Lösungen aufzuzeigen, wie beispielsweise ein sanierungsbedürftiger Standort bedarfsgerecht saniert werden kann.

Da geht es um Kosten und Unsicherheitsfaktoren?
Richtig. Solche Situationen sind oft Gift für Investoren. Genau aus diesem Grund ist bei grösseren Bauprojekten die frühzeitige Herstellung einer transparenten Situation wichtig. Denn das Ergebnis einer Altlasten-Untersuchung kann einen wichtigen Einfluss auf die weitere Planung eines Bauprojekts haben: Lässt sich zum Beispiel ein Baukörper verschieben, damit Entsorgungskosten, die durch den Aushub entstehen, gespart werden können?

Wer bezahlt eigentlich die notwendigen Massnahmen zur Untersuchung, Überwachung und Sanierung belasteter Standorte?
Die Kosten trägt in der Regel der Verursacher, sofern dieser ermittelt und rechtlich belangt werden kann.

Den gibt es aber oft nicht mehr.
Was nicht selten zu kniffligen juristischen Auseinandersetzungen führt.

Sie machen auch Gebäudeschadstoffanalysen. Mit was für negativen Überraschungen haben wir es da zu tun? Mir fällt da zunächst Asbest ein.
Asbest ist sicher der bekannteste Schadstoff in Gebäuden. Es geht aber auch um Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), Polychlorierte Biphenyle (PCB) und kurzkettige Chlorparaffine (SCCP) sowie um Schwermetalle, zum Beispiel Blei.

Sie setzen seit einiger Zeit auch Drohnen als Analysewerkzeuge ein. Sie haben nun den Habichtblick zur Verfügung. Können Sie uns ein Beispiel verraten?
Die Eindrücke aus der Luft ermöglichen uns neue Blickwinkel auf eine Situation. Beispielsweise geht es um Felsbeurteilungen. Früher gab es da nur die sehr teure und nicht immer einsetzbare Variante des Hubschraubers oder aufwändige Begehungen am Seil. Wir können nun besser, schneller und unabhängiger eine Schadenplatzbeurteilung bei Naturereignissen durchführen.

Kommen wir zum jüngsten GEOTEST-Standort in der Schweiz – Basel. Welche Besonderheiten zeichnen ihn für Ihre Tätigkeitsfelder aus?

Für unsere Tätigkeit ist es wichtig, dass wir die lokalen Untergrundverhältnisse kennen und nahe bei unseren Kunden sind. Deshalb sind wir mit der Niederlassung Basel vor Ort und beschäftigen Leute, welche die lokalen Verhältnisse und den lokalen Markt kennen. Das unterscheidet unsere Branche beispielsweise von einem IT-Unternehmen, bei dem die Mitarbeitenden grundsätzlich irgendwo auf der Welt an unterschiedlichen Projekten arbeiten können.

Was heisst das in der Praxis?
Wie dicht ist der Kies im Untergrund einer Bauparzelle gelagert? Wie sieht die lokale Grundwassersituation aus? Welche Qualität hat der Felsuntergrund – ist er weich oder hart? Welche Kräfte kann man in den Boden abgeben, ohne dass sich eine Brücke oder ein Gebäude setzt? Zur Beantwortung solcher Fragen braucht es viel lokales Know-how und einiges an Erfahrung.

Welche Eigenheiten stellt die Region Basel für Ihre Tätigkeit dar?
Basel ist eine der vier Metropolregionen der Schweiz. Es gibt eine beständige industrielle Tätigkeit. Diese beinhaltet viele bauliche Grossprojekte und eine anhaltend starke Bautätigkeit. Denken Sie nur an die ständig wachsenden grossen Pharmaplayer. Deren Projekte sind oft sehr komplex; es bedarf hier der ganzen Palette unserer Dienstleistungen. Wir können in diesem Rahmen eine «Gesamtleistung Geologie» anbieten. Für Arealentwicklungen und andere anspruchsvolle Bauprojekte ist dies zentral. Wir können hier einen Mehrwert für Investor und Bauherren schaffen. Wir können aus einer Hand sämtliche Fragestellungen rund um Untergrund und Gebäudesubstanz abwickeln.

Wie sieht Ihre Branche aus. Es gibt sicher Mitbewerber. Wie positioniert sich GEOTEST in seinem Markt?
Eine unserer grossen Stärken ist sicherlich unsere grosse fachliche Bandbreite. Wir unterstützen die Projekte unserer Kunden mit einem in der Schweiz einzigartig vielfältigen Dienstleistungsspektrum, welches wir laufend mit innovativen Methoden ergänzen. Dies erlaubt uns, insbesondere bei komplexen Projekten die bereits angesprochene «Gesamtleistung Geologie» anzubieten. Diese Gesamtleistung beinhaltet auf der einen Seite einen breiten Strauss an massgeschneiderten Dienstleistungen, auf der anderen Seite bieten wir aber einen «Single Point of Contact», das heisst einen erfahrenen Projektleiter, der die Anliegen der verschiedenen Planer aufnimmt und bei uns intern weiterverteilt. Für unsere Kunden und die weiteren Projektbeteiligten bietet dieses Vorgehen den Vorteil, dass Sie es von unserer Seite mit einer klar definierten Schnittstelle zu tun haben. Das führt zu einer höheren Effizienz bei komplexen Bauvorhaben.

Welche Ziele haben Sie sich in den nächsten Jahren in Basel gestellt?
Mein Ziel als Geschäftsführer in Basel ist der Aufbau eines Netzwerks von zufriedenen Kunden, die uns immer wieder das Vertrauen schenken. Vertrauen ist hierbei ganz zentral, da wir unter anderem mit Risiken arbeiten. Wir finden für und mit unseren Kunden im Rahmen des technisch Möglichen und unter stetiger Berücksichtigung von Sicherheit, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit die bestmögliche Lösung.

GEOTEST AG