Andreas Breschan ist CEO der Hörmann Schweiz AG.

Wozu die Frage? Eine Manager *in hat doch genau diese Aufgabe, nämlich zu führen – oder etwa nicht?

Wenngleich Manager*innen für gewöhnlich als Führungskräfte gelten, sind Managen und Führen nicht zwingend dasselbe. Der englische Begriff «to manage» hat die Bedeutung von «handhaben, bewerkstelligen, leiten». Die wichtigsten Aufgaben eines Managers sind folglich Planung, Organisation, (Unternehmens-)Führung und Kontrolle. Ein guter Manager ist also nicht unbedingt auch eine gute Führungskraft. Was ist der Unterschied?

John C. Maxwell, ein erfolgreicher Buchautor und tonangebender Experte für Führungsfragen drückt es so aus: «Wer meint zu führen, aber keinen hat, der ihm folgt, geht nur spazieren.» Führen bedeutet also mehr als Dinge geregelt zu bekommen, Projekte erfolgreich umzusetzen und hochgesteckte Unternehmensziele zu erreichen. Damit trifft er genau den Kern der Sache. Wer führt, vereint Menschen hinter sich, die aus eigenem Antrieb Unternehmensziele zu ihren persönlichen machen. Denn, so Maxwell, Menschen glauben zuerst an den Anführer, bevor sie an seine Vision glauben.

Das klingt alles einfach und einleuchtend. Aber wie schafft man den Sprung vom Managen zum Führen? Ein erster Schritt ist zu verstehen, dass man selbst zwar der Anführer, nicht aber die wichtigste Person im Team ist. Das heisst, wer nur durch die Macht seiner Position und durch die selbst herbeigeführte Zielerreichung führt, mag zwar erfolgreich sein, respektiert und eventuell sogar bewundert werden. Heisst das aber, dass sein Team ihm folgt und die ihm unterstellten Mitarbeiter*innen für ihn und seine Vision durch das vielzitierte Feuer gehen? Wohl kaum. Denn bei effektiver Führung geht es darum, Personen zu entwickeln, sie nicht nur zu fordern, sondern vor allem zu fördern. Sie so weit zu bringen, dass sie die Vorgehensweisen, welche erfolgreich machen, für sich adaptieren und zielführend zur Anwendung bringen. Mit anderen Worten: Eine gute Führungskraft reproduziert sich selbst und somit auch den Erfolg des Teams respektive der Organisation oder des Unternehmens, für welches sie steht.

Macht sich eine Manager*in dadurch nicht überflüssig? Ganz im Gegenteil. Wer sich die Fähigkeit der Reproduktion aneignet, schlägt gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe: mehr Erfolg und Effizienz seines Teams sowie maximale Motivation seiner Mitarbeiter*innen. Darüber hinaus gewinnt die Führungskraft auf diese Weise viel Zeit für wichtige strategische Aufgaben, zum Beispiel für Strategieentwicklung und Zukunftsgestaltung. Wer es zusätzlich noch versteht, beim Feiern der gemeinsamen Erfolge die Bühne seinem Team zu überlassen, kann sich eines enormen Zusammenhalts und der Anerkennung seiner Mannschaft gewiss sein.

Soweit die Theorie. Wie soll man das aber bewerkstelligen – in einer unternehmerischen Umgebung, die sich rasant entwickelt und einer Gesellschaft, welche den Fokus immer stärker auf Selbstverwirklichung legt und sich weniger über den wirtschaftlichen Erfolg definiert als früher? «Du kannst nicht geben, was du selbst nicht hast», lautet ein weiterer Führungssatz Maxwells. Will heissen, dass man erst einmal selbst die oben erwähnte Philosophie verinnerlicht, sie wirklich glaubt und auch leben will. Und wenn es so ist, dass Menschen zuerst an den Anführer und erst dann an seine Vision glauben, ist es unumgänglich, eine Brücke zu jedem*r Mitarbeiter*in zu bauen, quasi bei ihnen als Mensch anzudocken. Denn im Grunde sehnt sich jeder danach, bedeutsam zu sein, einen Beitrag zu leisten und Teil von etwas Noblem und Zweckvollem zu sein. Dem einzelnen Individuum genau diese persönliche Bedeutung zu geben und seiner Tätigkeit eine Sinnhaftigkeit zu verleihen ist das, was herausragende Führungspersönlichkeiten von ihren durchschnittlichen Artgenossen unterscheidet. In diesem Zusammenhang hat der Mitgründer der erfolgreichen Hotelkette Ritz Carlton, Horst Schulze, einmal gesagt: «Gib deinen Leuten eine Bestimmung und nicht bloss einen Job!»

Den persönlichen Weg, bei Mitarbeiter*innen anzudocken und ihnen eine Bestimmung zu geben, muss wohl jede Führungskraft selbst herausfinden, denn letztlich ist Authentizität in der Führung ein entscheidender Erfolgsfaktor. Also ist es nicht damit getan, bekannte Führungspersönlichkeiten zu kopieren oder irgendwelche Tipps von Führungsgurus umzusetzen, die nicht zu einem als Person passen. Die individuelle Auseinandersetzung mit Eigenschaften wie Empathie, Echtheit und Wertschätzung sowie das ganz persönliche Experimentieren und Leben dieser Qualitäten im eigenen Umfeld können den Weg weisen. Und noch etwas ist unerlässlich: Leidenschaft. Denn mit dem Feuer ist es eben auch so, dass man nicht geben kann, was man selbst nicht hat. Wenn du also das Feuer bei anderen entfachen willst, dann muss es zuerst in dir selbst brennen. In diesem Sinne wünsche ich allen Berufskolleg*innen viel Freude beim Legen eines Flächenbrands durch mehr Führung und weniger Managem

hoermann.ch