Bauführer Christian Häni (links) und BIM-Manager Stijepan Ljubicic (rechts) von der STRABAG AG diskutieren den nächsten Betonierabschnitt.

BIM-to-Field-Lösungen für das Wasserkraftwerk

In der Vielfältigkeit des Kraftwerkbaus kommt es vor allem auf eines an: möglichst schnell Energie erzeugen. So einfach dieser Anspruch auch formuliert ist, so herausfordernd sind die Lösungen dazu. Zu den besonderen Herausforderungen zählen neben unterschiedlichsten geologischen und topografischen Gegebenheiten auch die perfekte zeitliche Abstimmung und Effizienz von verschiedenen Arbeitsschritten.

In Flums SG erneuert die St. Gallisch-Appenzellische Kraftwerke AG (SAK) die Wasserkraftwerke an der Schils. Dabei entsteht ein Ersatzneubau für ein Wasserkraftwerk ganz ohne Papier. Bauherr, Planer und Baumeister setzen dabei konsequent auf BIM. Die Schalungstechniker des Unternehmens Doka erstellen die Schalungspläne komplett in 3-D. Die Daten werden in das Gesamtmodell für die Arbeitsvorbereitung zurückgespielt und so für Materialbestellungen und Ausführung genutzt. Auf der Baustelle sorgt das 3-D-Schalungsmodell für effizientere Arbeitsabläufe. Für den dreistöckigen Neubau der Kraftwerkzentrale Sägengüetli praktiziert das ausführende Bauunternehmen STRABAG das sogenannte BIM-to-Field – die Anwendung der digitalen 3-D-Modelle auf der Baustelle – erstmals von A bis Z.

An die Stelle von Bauplänen auf Papier tritt ein durchgehend digitaler, modellbasierter Prozess: vom Aushub über die Bewehrung, die Schalung bis hin zur Qualitätssicherung. Der Datenaustausch erfolgt im offenen IFC-Standard über entsprechende Cloud-Lösungen direkt auf das iPad des Poliers auf der Baustelle. An die Stelle von Bauplänen auf Papier tritt ein durchgehend digitaler, modellbasierter Prozess: vom Aushub über die Bewehrung, die Schalung bis hin zur Qualitätssicherung. Der Datenaustausch erfolgt im offenen IFC-Standard über entsprechende Cloud-Lösungen direkt auf das iPad des Poliers auf der Baustelle.

INTERAKTIVE 3-D-WELT
Der Feldversuch entstand auf Anregung des Planungsbüros Pöyry, welches die Ausführungspläne anstatt in Papierform als 3-D-Modelle anliefern wollte. Gemeinsam mit dem Bauherrn SAK beschloss STRABAG darauf, das modellbasierte Bauen auf der Flumser Baustelle in einem BIM-to-Field-Pilotprojekt zu wagen. Auch für Doka ist BIM eine richtungsweisende Methode. Das Unternehmen setzt sich seit einigen Jahren intensiv mit dem Thema auseinander, um Schalungslösungen noch genauer auf den Bauprozess abzustimmen und für mehr Effizienz auf den Baustellen zu sorgen. International haben die Schalungstechniker bereits bei verschiedenen Projekten Erfahrungen gesammelt. Für Doka Schweiz ist es jedoch das erste BIM-to-Field-Projekt. Zwar habe man schon mehrfach mit BIM-Modellen gearbeitet, so Doka-Ingenieur Frank Stritzke – dass seine 3-D-Schalungsmodelle dann aber den Weg bis auf die Baustelle finden, ist auch für ihn eine Premiere. «Es war zu Beginn eine Umstellung von der konventionellen Planung in AutoCAD auf die 3-D-Planung in Autodesk Revit. Gewisse Arbeitsschritte sind dadurch etwas aufwändiger geworden, weil die Modelle derart viele Informationen beinhalten. Doch der Aufwand zahlt sich aus: Schalungen für komplexe Objektgeometrien lassen sich in 3-D deutlich schneller umsetzen und die Kollisionskontrolle ist dank der Simulationsmöglichkeiten am digitalen Zwilling erheblich einfacher », so Stritzke. Die Software als auch die benötigten Objektbibliotheken für die Planung der Schalungsteile werden derzeit laufend weiterentwickelt. «Wir sind in engem Austausch mit unserem BIM-Team in Amstetten und konnten so unsere Erfahrungen im Projekt mit STRABAG direkt in die Weiterentwicklung unserer Prozesse, der Revit-Bibliotheken und der Software einfliessen lassen.» Wesentliche Erkenntnisse entstanden im Rahmen der Arbeitsvorbereitungs- und Planungsphase des Bauprojekts. Es zeigte sich, dass es sich auszahlt, im Vorfeld Probleme am Modell zu bereinigen und die Prozesse sauber zu koordinieren – gerade was den Datenaustausch und die Schnittstellen zur Baustelle anbelangt –, um später vor Ort Bauablaufstörungen zu vermeiden und die Arbeitsaufläufe effizient zu gestalten.

MEHRWERT AUF DER BAUSTELLE
Nachdem die Schalung für das Erdgeschoss gestellt und eine erste Etappe betoniert wurde, ist Bauführer Christian Häni von der neuen Arbeitsmethode überzeugt: «Der Aufbau der Schalung wird mit dem 3-D-Modell zum Kinderspiel. Ist der Startpunkt mit der Totalstation eingemessen, kann so im Prinzip jeder die Schalung richtig zusammenbauen. Man muss sich nur an das Modell halten.» Die eingesetzte Software erlaubt den Arbeitern, das Schalungsmodell aus beliebigen Blickwinkeln anzusehen und bei Bedarf Details zu vergrössern. «Auf den Papierplänen sind in der Regel nur gewisse Objektdimensionen vermerkt und wenige Schnitte gezeichnet. Mit dem 3-D-Modell kann ich je nach Bedarf Modelleigenschaften ein- oder ausblenden, Distanzen messen oder Schnitte erstellen. Das ist nicht nur besonders effizient, die Pläne werden auch einfacher nachvollziehbar. Muss trotzdem einmal etwas geändert werden, geht es mit dem digitalen Workflow erheblich schneller», so Häni. Anstatt Tage dauert es zum Teil nunmehr wenige Stunden, bis ein aktualisiertes Modell vorliegt. Ist das Schalungskonzept optimal an die örtlichen Gegebenheiten auf der Baustelle angepasst, lässt sich das benötigte Material für jede Betonieretappe automatisiert aus dem Modell ermitteln und just-in-time bestellen. So kann mit weniger Material gearbeitet werden, was angesichts der beschränkten Platzverhältnisse auf der Baustelle ein grosser Vorteil ist.

BILANZ FÜR DIE ZUKUNFT
Die neuen Workflows wurden in der letzten Zeit sehr gut angenommen – «learning by doing», wie man so schön sagt. Doch es bleiben noch einige Herausforderungen zu meistern. STRABAG-BIM-Manager Stijepan Ljubicic betont: «Die grösste Hürde bei der Einführung neuer Prozesse ist die Unsicherheit der Beteiligten. Man darf nicht vergessen, die Menschen auf dem Weg mitzunehmen.» Nach Abschluss von Baulos 1 im kommenden August gilt es für die Projektpartner, ein erstes Fazit zu ziehen. Ljubicic ist jedoch schon jetzt zuversichtlich, dass sich die bei diesem Pilotprojekt gewonnenen Erkenntnisse für eine weitere Skalierung und Standardisierung der BIM-Workflows im Unternehmen nutzen lassen. Der Grundstein für grössere und komplexere BIM-to-Field-Projekte ist für STRABAG und Doka somit gelegt.

PROJEKTDETAILS
Projekt: Wasserkraftwerk mit Sichtbetonoberflächen
Standort: Flums SG
Schalungssysteme: Framax Xlife, 3-SO, Staxo 100
Dienstleistungen: 3-D-Schalungsplanung mit BIM
Bauausführung: STRABAG AG
Bauzeit: 07.2019 – 09.2020

Weitere Informationen:
Doka Schweiz AG
Mandachstrasse 50
8155 Niederhasli
Tel. +41 (0) 43 411 20 40
doka-schweiz@doka.com
www.doka.com