Storytelling bedeutet nicht etwa marktschreierisch sein, sondern vermittelt subtil Kommunikationsziele. In Zeiten von Corona und Fake News besonders wichtig.

In Zeiten des Umgangs mit dem Corona-Virus wurden in der Arbeitswelt einige Trends forciert, wie die Digitalisierung beziehungsweise der Umgang mit digitalen Kommunikations- und Umsetzungstools, oder auch wieder entdeckt. Ein gutes Beispiel hierfür ist das Storytelling. In Zeiten, wo Social Distancing alle Bereiche erfasst, sind gute, authentische und personalisierte Geschichten um so wichtiger und werden geschätzt. Da sucht man bei allem Social Distancing nach einem Hauch «Social Closeness».

Gewiss, Storytelling ist seit einigen Jahren der grosse Trend bei Kommunikationsfachleuten. Sei es in der Werbung, in der Kommunikation oder für Public Relations. Als Marketing- und PR-Instrument gehört das Umsetzen von Storytelling zum (kreativen) Handwerk. Dabei geht es meistens um das Erzeugen von Aufmerksamkeit oder emotionalen Bindungen mittels externer Kommunikation. Viele Unternehmen setzen auf Storytelling, wenn es um das vermitteln von Kommunikationszielen geht. Dies bestätigt auch der PR-und Storytelling Experte und Dozent in Marketing und Kommunikation Joël Ch. Wuethrich aus Basel: «Der Trend zum Storytelling ist nicht neu. Viele grosse oder zumindest talentierte Unternehmerinnen und Unternehmer haben bereits früh erkannt, dass man mittels Geschichten, die authentisch vermittelt werden und eine emotionale Bindung erzeugen, ein Kommunikationsziel eher erreichen kann und das Zielpublikum sich besser an die Botschaft erinnert. Nur verwechselt man dann und wann das subtile und inhaltlich-redaktionell anspruchsvolle Storytelling mit klassischem, marken- oder produktorientierter PR, die oftmals eine vielleicht zu werberische Note haben.»

Erfolgreiches Storytelling gab es schon immer
Besonders effizient sind beim Storytelling authentisch klingende, wenn möglich wahre Geschichten: Hier erreicht man eine starke Identifikation bei jenen, wo das Kommunikationsziel wirksam sein soll. Einer der absoluten Pioniere des Storytellings war Steve Jobs. Seine Auftritte, sowohl die öffentlichen mit klarem Marketingnutzen wie auch die internen zwecks emotionaler Bindung mit der Mission haben nicht umsonst Kultcharakter .Das «One more thing» wurde tausendfach imitiert. Die Story von Apple war Botschaft an Mitarbeitende und Markt zugleich, und die Philosophie hielt sich nicht mit Kleinigkeiten auf: Anders denken und die Welt verändern – das war die Botschaft nach aussen und – vor allem auch – nach innen an die Mitstreiterinnen und Mitstreiter. «Think different» wurde zu einem Glaubenssatz und Claim zugleich.

Ein anderes Beispiel: Vor knapp acht Jahren schuf Microsoft eine der besten Brand Storytelling Websites: Microsoft Story Labs. In den interaktiven und visuell aufwändig aufbereiteten Artikeln, Podcasts, Cartoons und sogar Büchern geht es weniger um Microsoft-Produkte, sondern vielmehr um die Vision und Motivation der Menschen, die dahinterstehen. Das Magazin begann mit einer einzigen Geschichte namens «88 Acres» über Darrel Smith, F&E-Manager bei Microsoft. Ähnliches realisierte auch Starbucks mit seiner «My Starbucks Idea»-Blogosphäre.

In Zeiten der Corona-Pandemie wichtiger denn je: Interne Kommunikation mittels Storytelling
Wie aber setzt man Storytelling in der internen Kommunikation als Führungsinstrument ein? «Geschichten, die authentisch vermittelt werden und eine emotionale Bindung erzeugen, zeigen Wirkung, wenn man intern etwas durchboxen muss beziehungsweise einen Prozess erklären will», sagt der Storytelling-erprobte PR-, Marketing- und Kommunikationsexperte Joël Ch. Wuethrich. Er doziert PR, Marketing und Kommunikation und entwickelt crossmediale Storytelling-Konzepte und -Geschichten für einige Dutzend Unternehmen unter anderem in der Schweiz, Deutschland, Kanada und Israel. Seine Erfahrungen bestätigen ihm, wie wichtig es ist, in besonderen Zeiten auf das Promo-Tool Storytelling zu setzen. Und das eben nicht nur in der externen, sondern internen Kommunikation. Oft wollen die Menschen eine Führungsperson und nicht einfach einen «Boss», frei nach dem Motto «Kompetenz geht vor Hierarchie». Der Unterschied zwischen einem «Boss» und einer Leaderfigur: «Bosse» befehlen und informieren – oft nach dem Prinzip der Chain of Command – und halten sich an Strukturen. Die Hierarchien spielen eine grosse Rolle. Die interne Kommunikation hat eher einen informellen Charakter und dient auch der Durchsetzung und Etablierung von Leitlinien. Bei einer modernen Kommunikation werden die Mitarbeitenden jedoch «mit auf die Reise» genommen, wenn es intern etwas zu kommunizieren gibt, sagt Joël Ch. Wuethrich und bestätigt eine Aussage aus der Fachliteratur: «Da der neue Führungsansatz vieler moderner CEO auf neue Werte wie zum Beispiel Potenzialentfaltung basiert, reicht es also nicht, nur Unternehmenswerte oder Markenversprechen zu kommunizieren. Jeder Mitarbeiter, jede Handlung, jede Kommunikationsmassnahme muss Werte widerspiegeln, wenn sich eine Unternehmenskultur etablieren soll. Interne Kommunikation heisst heute nicht mehr vor allem Pressemitteilungen der Kommunikationsabteilung aufzubereiten, sondern echte Lebendigkeit zu zelebrieren.»

Geschichten aus dem persönlichen Umfeld
Erfahrungsgemäss funktionieren in der internen Kommunikation fast nur Geschichten, die entweder authentisch sind und aus dem engeren oder weiteren Umfeld der Mitarbeitenden entstammen. Fiktive oder symbolische Geschichten – sei es mit Metaphern oder auch nicht – sind zwar nicht ganz wirkungslos, aber bleiben weniger stark im Gedächtnis haften. Wichtig ist, dass man sich mit dem Erzählten und mit den Personen, die in den Geschichten vorkommen, identifizieren kann. Des Weiteren muss man sich eines bewusst sein, wenn man Storytelling als Führungsinstrument einsetzt: Die meisten Mitwirkenden in einem Unternehmen verfügen über viel Wissen über die tatsächlichen Abläufe und Strukturen, über Kultur und gelebte Werte im Unternehmen. Deshalb ist das Einbauen von Geschichten über gemeisterte Konflikte und Herausforderungen besonders effizient. Für die strategische Nutzung von Geschichten in der internen Kommunikation wirken jene Geschichten am stärksten, bei welchen die Zuhörenden sich nicht nur mit der Botschaft identifizieren und diese nachvollziehen können, sondern auch selbst eigene Ideen und Handlungsmuster für ihre tägliche Arbeit entwickeln und umsetzen.

Auch erlebnispädagogische Massnahmen können als Grundlage für Storytelling dienen. Besonders wenn man zusammen Erlebtes danach für die Interne Kommunikation nutzen. Gemeinsam Erlebtes ist ein starker Kitt und ist natürlich authentisch.

Storytelling und Weiterbildung
Und so ist natürlich auch in Unternehmen jeder Grösse und Branche das Verständnis für Storytelling wichtig geworden. Die TEKO Basel oder auch die Lernwerkstatt Olten zum Beispiel betreiben zusammen mit Joël Ch. Wuethrich intensives Storytelling – sei es im eigenen Bildungsblog oder auch für die interne und externe Kommunikation. CEO Daniel Herzog und TEKO Basel Schulleiterin Terry Tschumi bestätigen: «Wir haben deutlich gespürt, dass unser Storytelling unsere Zielgruppen und Interessierten deutlich mehr fesselt als emotionsleere Kommunikation.» Ausserdem: Auch für Dozierende ist Storytelling wichtig geworden. Heute erwarten Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Seminaren und Weiterbildungsveranstaltungen das Wiedergeben praktischer und umsetzbarer Tipps. Diese Erwartungen kann man erfüllen, indem man unter anderem Beispiele aus dem eigenen Erfahrungsschatz erzählt. «Die Inputs werden sehr geschätzt, da man Theoretisches gut nachvollziehen und verknüpfen kann. Storytelling gehört heute in der Erwachsenenbildung zum Handwerk», sagen Terry Tschumi und Daniel Herzog.

www.teko.ch

www.lernwerkstatt.ch