Claudia Friedl ist Präsidentin des WohneigentümerInnen-Verbands Casafair Schweiz, St. Galler SP-Nationalrätin und Vermieterin.

Der Nationalrat hat in der Sommersession eine Reihe von Vorstössen beraten, welche die Sozialpartnerschaft zwischen Vermietenden und Mietenden untergraben. Eine Mehrheit der grossen Kammer hat dabei dem Druck der gewinnorientierten Immobilienlobby nachgegeben und damit das bewährte Mietrecht drastisch ausgehöhlt. Casafair Schweiz – der Verband der verantwortungsbewussten und fairen EigentümerInnen – lehnt diesen Raubbau am Mietrecht klar ab: Die Beschneidung der Rechte der Mietenden ist unnötig und setzt nur die bewährte Sozialpartnerschaft zwischen Vermietenden und Mietern/-innen fahrlässig aufs Spiel.

Angeführt wird der Feldzug vom Hauseigentümerverband. Dieser strebt schon lange die «vollständige Vertragsfreiheit» an. In allen Landesregionen hiesse das: Der Markt soll’s richten. Wie weit der dazu in der Lage ist, wissen wir hinlänglich. Der Antrieb ist klar: Der HEV will seiner Klientel mehr Geld ins Portemonnaie spülen. Mieterinnen und Mieter sollen mit ständig steigenden Marktmieten dafür sorgen. Obwohl bereits heute – gemäss einer Erhebung der Raiffeisenbank – die Mieten rund 40 Prozent zu hoch sind.

Dabei wissen wir, dass viele Mietobjekte zu Spekulationsobjekten wurden und werden, was dazu geführt hat, dass es immer schwieriger wird, bezahlbaren Wohnraum zu finden; und zwar auch Wohnraum, wo Familien leben können – Wohnraum, welchen sich auch Studierende und alte Menschen leisten können. Insbesondere in städtischen Zentren gibt es solchen erschwinglichen Wohnraum kaum noch. Diese falsche Tendenz belegt auch der Monitoringbericht 2018 der Eidgenossenschaft zur Agenda 2030. Im Bericht wird festgestellt, dass der Anteil der Wohnkosten bei Wenigverdienenden mit 31 Prozent des verfügbaren Haushaltbudgets viel zu hoch ist und sich ständig nach oben bewegt. Die Folgerung des Berichtes ist deshalb, dass der Anteil an preisgünstigem Wohnraum erhöht werden muss.

Dieses Ziel verfolgt auch der Verband Casafair: Wir wollen faire und gutnachbarschaftliche Mietverhältnisse. Auch unsere Vermieterinnen und Vermieter sollen einen anständigen Preis für ihre Objekte erhalten. Investitionen zur Werterhaltung, Modernisierung oder zur energetischen Sanierung sollen getätigt werden können. Dafür setzen wir uns ein. Zwischen diesem Anspruch und dem ebenso uferlosen Renditedenken liegen jedoch Welten. Wir wollen vermieten – nicht abzocken.

Denn: Immer höhere Mieten treiben auch die Preise für Wohneigentum massiv in die Höhe, sodass für viele Leute Wohneigentum unerschwinglich wird. Casafair plädiert für faire Mieten statt für grosse Gewinne. Auch private Vermieterinnen und Vermieter sollen Verantwortung übernehmen und sich gegen die Preistreiberei bei den Mieten einsetzen; immerhin ist Wohnen ein Grundbedürfnis, ein Verfassungsauftrag und damit auch ein Menschenrecht.

Und schliesslich ist das Mietwesen gleichsam eine Sozialpartnerschaft. Und in einer solchen sollen sich beide Parteien auf Augenhöhe begegnen, ohne dass eine Seite über den Tisch gezogen wird.

Noch ist die politische Debatte in der Frage nicht zu Ende. Der Ständerat hat nämlich vorgeschlagen, dass der Bundesrat das heute noch geltende Mietrecht mit Augenmass überprüfen lässt und allenfalls eine ausgewogene und faire Vorlage ausarbeitet. Ich bin zuversichtlich, dass die «Chambre de Réflexion» bei dieser Haltung bleibt und so den Raubbau am Mietrecht verhindert.

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