DR. THEA RAUCH-SCHWELGER ist Präsidentin und Dozentin beim Bildungszentrum Baubiologie und ehemalige wissenschaftliche Mitarbeiterin am Departement Architektur an der ETH Zürich.

Die Klimaerwärmung mit den sommerlichen Temperaturextremen bereitet vor allem den Menschen in urbanen Zentren Probleme, da sich immer häufiger urbane Hitze-Inseln bilden. Die UNO-Mitgliedstaaten haben sich mit den 17 Zielen (SDGs) der Agenda 2030 verpflichtet, global und lokal dem Klimawandel zu begegnen. Die Schweizer Bauwirtschaft kann dazu mit wirkungsvollen Massnahmen einen Beitrag leisten.

Heute leben in der Schweiz rund drei Viertel der Menschen in Kernstädten und deren Agglomerationen. Mit den Klimaveränderungen spüren sie die heissen und trockenen Sommer mit über 30 Grad besonders stark. Einerseits speichern die versiegelten Flächen die Sonneneinstrahlung stärker als Grünräume. Andererseits fördert die Produktion von Baustoffen die Klimaerwärmung zusätzlich. Die sogenannte graue Energie mit dem entsprechenden CO2-Ausstoss entsteht aus fossilen Brennstoffen. Nachhaltiges Bauen zielt darauf ab, den CO2- Ausstoss zu reduzieren und zeigt Handlungsmöglichkeiten auf, die neben dem Material- und Energieeinsatz auch gesundheitliche, soziale, wirtschaftliche und ökologische Aspekte miteinbezieht.

Gemäss Werner Sobek von der Universität Stuttgart, der sich in seinen Forschungen der Frage widmet, wie wir mit weniger Materialien mehr gebaute Umwelt schaffen können, benötigt die Menschheit heute mindestens 115 Tonnen zusätzliche Baustoffe pro Person. Da pro Sekunde knapp drei Menschen geboren werden, bedeutet dies einen zusätzlichen Bedarf an Rohstoffen von zwei weiteren Erden, wenn der heutige Baustandard der Industrieländer (335 Tonnen) erreicht werden soll. Diese Menge ist auf die Dauer nicht verfügbar, schon gar nicht unter den heutigen energieintensiven Produktionsbedingungen. Da die graue Energie in Baumaterialien rund 60 Prozent des Energieverbrauchs eines Gebäudes ausmacht, ist die logische Folgerung, dass in Zukunft weniger und energieärmer produzierte Baustoffe verwendet werden müssen. Allerdings sollten auch die Nutzenden für ein emissionsärmeres Verhalten sensibilisiert werden. Sobek zeigt auf, wie mit einem veränderten Verbraucherverhalten ergänzt durch Energiemanagementsysteme und dezentrale Photovoltaikanlagen der CO2-Ausstoss von Gebäuden ohne eine Komforteinbusse auf null reduziert werden kann. Als weitere Anpassungsmassnahme gegen klimabedingte Gefahren haben die Begrünung von Dächern und Fassaden einen positiven Einfluss. Durch die Wasserverdunstung sinkt die Temperatur in Gebäuden um mehrere Grad, und auch die Beschattung durch Laubbäume mindert den urbanen Hitze-Insel-Effekt. Grünräume sind zudem wichtige Qualitätsmerkmale von Städten, da sie die Luftqualität deutlich verbessern.

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