Dr. Silvia Domingo Irigoyen ist wissenschaftliche Mitarbeiterin.

Die Anzahl der heissen Sommertage hat auch in unseren Regionen mit einem normalerweise moderaten Klima weiter zugenommen. In diesem Jahr ist die erste Hitzewelle schon in der letzten Woche des Monats Juni eingetroffen – gemäss MeteoSchweiz mit der intensivsten siebentägigen Hitzeperiode seit Messbeginn vor über 100 Jahren. Dies hat zu einer weiteren wachsenden Nachfrage nach Klimatisierung geführt. Wie ein Detailhändler mitteilte, wurden bereits im Juni 50 Prozent mehr Klimageräte verkauft als im ganzen Sommer des (ebenso heissen) letzten Jahres. Im neusten IEA NewsReport «The future of cooling» (IEA-Report May 2018) werden dezentrale Klimaanlagen als einer der Haupttreiber des zukünftig steigenden Strombedarfs bezeichnet. Dieser wirkt den Anstrengungen der Energiestrategie 2050 weiter entgegen. Was bedeutet das nun für den Stromsektor und wie wird sich der Energiebedarf unserer Wohngebäude in den nächsten Jahren verändern? Die Studie «ClimaBau» der Hochschule Luzern, die kürzlich auf dem ersten Tageslicht-Symposium vorgestellt wurde, zeigt auf, wie sich der Klimawandel auf den Energieverbrauch und die Behaglichkeit in Wohnbauten auswirkt. Der zukünftige Energiebedarf und Behaglichkeit in Wohnbauten wurden auf der Basis von vier realen Beispielgebäuden – zwei Altbauten und zwei Neubauten – mittels thermischer Gebäudesimulationen analysiert. Das künftige Klima wurde für eine 30-jährigen Periode (2045–2074) beim mittleren IPCC-Emissionsszenario A1B am Standort Basel abgebildet und die Ergebnisse der Referenzperiode 1980–2009 gegenübergestellt.

Die Simulationsergebnisse zeigen bedeutende Auswirkungen des Klimawandels auf den Energiebedarf und die Behaglichkeit in allen untersuchten Gebäuden. Reduziert sich der Heizwärmebedarf um 20 und 30 Prozent in Alt- beziehungsweise Neubauten, so steigt der Klimakältebedarf hingegen exponentiell an. Dieser wird in Neubauten im Schweizer Mittelland rund die Hälfte des Heizwärmebedarfs betragen, die notwendige Kälteleistung betrug bis zum Doppelten der Heizleistung. Die Auswirkungen des Klimawandels fielen an Standorten der Südschweiz noch markanter aus. Hier übersteigt der zukünftige Klimakältebedarf den Wärmebedarf und würde im extrem wärmsten Jahr mehr als das Zehnfache des Heizwärmebedarfs betragen.

Die architektonischen Massnahmen, die den grössten Einfluss auf die Behaglichkeit im Sommer und den Klimakältebedarf haben, sind der Fensteranteil sowie die thermische Speichermasse. In jedem Fall wird die Behaglichkeit in Wohnbauten wesentlich vom Verhalten der Bewohnerschaft abhängig sein: Damit Wohnbauten den Folgen des Klimawandels standhalten können, müssen sie heute so konzipiert werden, dass eine einwandfreie Bedienung des Sonnenschutzes und effiziente Nachtkühlung sichergestellt werden können. Diese Aufgabe kann zum Teil moderne Gebäudeautomation übernehmen, und so lässt sich verhindern, dass Gebäude mit energieintensiven Kühlgeräten, die bei Hitzewellen vielfach individuell installiert werden, nachgerüstet werden. Durch Systeme wie Free Cooling oder Geocooling liesse sich in Zukunft situationsabhängig sowohl die sommerliche Behaglichkeit als auch die Effizienz der Wärmebereitstellung im Winter erhöhen.

Weitere laufende Projekte der Hochschule Luzern (zum Beispiel effiziente Kühlsysteme, Handlungsempfehlungen zum bewussten Umgang mit Fenstern und Handlungsanweisung für Bauherren) werden mehr Hinweise darauf geben, wie wir auf die Herausforderungen des Klimawandels und der Dekarbonisierung des Gebäudeparks reagieren sollten.

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