Ein massives Problem, das deutsche Betriebe lösen müssen: der Fachkräftemangel. Zu wenige ausgebildete Menschen für die zu besetzenden Stellen hierzulande verursachen ein milliardenschweres Loch in der Wirtschaftskasse. Eine einfache Lösung bietet das Anwerben von Fachkräften aus dem Ausland. Die hitzigen Debatten in der gesamten Medienlandschaft zeigen die Komplexität dieses Themas für Wirtschaft und Gesellschaft. Wie also als Mittelständler in Not damit umgehen?

Viele deutsche Mittelständler rekrutieren bereits im Ausland. Und zwar aus gutem Grund:

  • Eine erhöhte Auftragslage bedeutet mehr Umsatz, aber auch mehr Arbeit. Arbeit, die Arbeitnehmende schultern müssen. Doch ohne zusätzliches Personal fehlt Unternehmen die Kapazität für neue Aufträge. Teilweise geht es für Mittelständler nicht nur um das Wachstum der Auftragslage, sondern bereits um den Erhalt des Status quo. Auch durch unbesetzte Stellen von beispielsweise in Rente gegangenen Kolleg:innen schrumpft die Belegschaft. Das bedeutet ein höheres Arbeitsaufkommen.
  • Einige Unternehmen verbuchen praktisch kein Wachstum – aber nicht durch schlechtes Wirtschaften oder durch äussere Einflüsse, sondern durch zu wenig Personal. Schliesslich bearbeiten Fachkräfte nicht nur Fälle, sondern gehören mit zu den Ideentreibern jedes Unternehmens. Durch zu wenig frischen Wind leiden betriebe mitunter an Innovationsstau.
  • Fachkräfte aus dem Ausland reduzieren Überlastung der Arbeitnehmenden. Ohne weiteres können und sollten Unternehmen ihre Angestellten nicht mit mehr Aufgaben versorgen, als sie leisten können. Über kurz oder lang löst eine Überbelastung Unzufriedenheit mit dem Arbeitgeber sowie höhere Fehlzeiten aus. Steigen Druck und Unzufriedenheit weiter, führt dies unweigerlich zu Kündigungen und damit zu noch geringerer Arbeitsleistung. Im schlimmsten Fall nehmen sich weitere Mitarbeitende daran ein Beispiel und beenden ihre Unzufriedenheit durch den Wechsel zur Konkurrenz. Mit einem grossen Team ausgestattete Unternehmen verbuchen also einen Wettbewerbsvorteil.
  • Vielfalt steigert den Unternehmenserfolg: Verschiedene Ansichten innerhalb des Unternehmens führen beispielsweise dazu, dass Firmen die Bedürfnisse unterschiedlicher Kundengruppen besser verstehen. So steigern diese Unternehmen die Kundenzufriedenheit und erschliessen gleichzeitig neue Kundengruppen.
  • Die Arbeitgeberattraktivität fällt bei Unternehmen mit einem vielfältigen Team höher aus. Besonders junge Mitarbeitende wünschen sich ein solches Umfeld. Was für das Unternehmen dabei herausspringt? Glücklichere Mitarbeitende potenzieren den Wert einer Company. Verlässliches Engagement der Belegschaft ist für Unternehmen überlebenswichtig. Ausserdem bleiben diese Angestellten dem Betrieb länger erhalten, da sie sich gut aufgehoben fühlen. Auch auf das Anwerben von neuen Kolleg:innen zahlt die Investition in eine diverser aufgestellte Belegschaft ein. Am deutschen Arbeitsmarkt bewerben sich mehr Arbeitsuchende auf eine Stelle, wenn das Unternehmen bunt und vielfältig aufgestellt ist. Künftige Bewerbungsprozesse laufen mit hoher Wahrscheinlichkeit schneller und effizienter ab. Damit sichern Betriebe ihre Stellung als Arbeitgeber gegen die Konkurrenz sowie am Markt, denn wer die Mitarbeitenden hat, erhält auch die Aufträge.

Um all diese positiven Ansätze zu nutzen, machen sich Mittelständler lang. Einige zeag-Klienten rekrutierten bereits ausserhalb Deutschlands, teils auch ausserhalb der EU. Ihre Erfahrungen sind genauso komplex wie die Diskussionen dazu. Viele Behördengänge, viele unterschiedliche Barrieren, viele Vorurteile – sowohl für die Betriebe als auch für die neuen Fachkräfte ein enormer Aufwand. Sie alle berichten, es brauche viel Engagement, um Nicht-Deutsche in jedem Unternehmen anzustellen. Und die meisten Hürden liegen nicht im Ausland, sondern vor Ort. Sie investieren viel Geld, Ideen und Zeit. Sie gestalten strukturiert Diversität im Unternehmen und bemühen sich um gesellschaftliche Integration, auch ausserhalb des Beruflichen.

Dementsprechend empfinden diese Betriebe die Voraussetzungen in Deutschland als diskreditierend:

  • Bürokratische Hürden: Für viele Berufe herrschen Zugangsbeschränkungen: Ohne eine volle Anerkennung der Abschlüsse ist keine Beschäftigung möglich. Laut Industrieund Handelskammern sind manche Vorgaben kaum zu erfüllen, weil kaum ein Land sie in der geforderten Form, der deutschen Form, aufführt. Dazu können beispielsweise eine Fächernotenübersicht oder ein Rahmenlehrplan zählen.
  • Mangelnde Integrationsangebote seitens Bund, Länder und Kommunen: Fachkräfteeinwanderungsgesetze sowie -programme greifen nicht, wenn die Zugezogenen nicht bleiben. Verlassen sie wieder frühzeitig das Land, weil sie nicht in der Gesellschaft, der Umgebung oder dem Unternehmen ankommen, rechnet sich der Aufwand nicht – im Gegenteil. Für Bund und Wirtschaft entstehen erhebliche Kosten.
  • Fehlende Akzeptanz: Allein die schwierige Integration durch fehlende Willkommenskultur wirkt sich bereits auf die ungenügende Anwerbung ausgebildeter Fachkräfte aus. Die hierzulande zunehmende Fremdenangst und Fremdenfeindlichkeit tut ihr übriges. Selbstverständlich bleiben solche Umstände im Ausland nicht ungesehen: Nachrichten berichten über die Zustände in Deutschland und manifestieren ein unschönes und für mögliche Arbeitnehmende unattraktives Bild. Ohne massive Änderungen in diesen Punkten wenden sich ausländische Fachkräfte mit ihren Fähigkeiten schnell einem für sie attraktiveren Land zu. Das verschafft anderen Wirtschaften und damit auch ihren Ländern einen grossen Vorteil. Deutschen Unternehmen und damit auch dem Staat hingegen kommt diese Attraktivitätslosigkeit sehr teuer zu stehen – tut sie bereits heute, in Zukunft aber noch viel mehr. Und am Ende leidet auch unsere Gesellschaft darunter. Ein Umdenken ist dringend nötig.

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www.opjob.de